31.7.14

Ein Bankett der Spitzenklasse

Nach der üblichen Konferenz lädt von Seilern die hochgestelltesten Persönlichkeiten des Kongresses zu einem Mittagsmahl besonderer Klasse. 36 Speisen werden zweimal aufgetragen. Und dann das Konfekt: Das Zuckerwerk präsentiert verschiedenste Blumen und Obst, sodass die Tafel einem wohlriechenden Blumengarten im Frühling gleicht. Zu trinken gibt es Tokajer Champagner, Rheinischen Wein, Burgunder, Moselwein, Tiroler und Markgräfler Wein. Um die hohen Gäste zu bedienen, sind über 80 Personen im Einsatz.

Um ein Uhr beginnt das Essen, um vier Uhr ist es beendet, und es schliesst sich ein Kartenspiel an. Von Seilern bittet die Gesellschaft, noch zum Nachtessen bei ihm zu bleiben. Doch die Herrschaften bringen keinen Bissen mehr hinunter und kehren um fünf Uhr nach Hause zurück.

30.7.14

300 Flaschen Tokajer aus Wien

Heute Morgen um neun Uhr kommt der Quartiermeister des Prinzen Eugen von Savoyen in Baden an. Der Prinz wird später anreisen, um für den Kaiser den Friedensvertrag zu unterzeichnen. Sein Quartiermeister wird für ihn im Sommerhaus des Schultheissen Schnorff, das vor den Stadtmauern neben dem Kapuzinerkloster liegt, die Zimmer einrichten. Der Quartiermeister hat die Bagage des Prinzen dabei. Sie enthält unter anderem 300 Flaschen Tokajer Wein.

29.7.14

Ein Kurier an den Papst

Der päpstliche Gesandte entsendet heute einen ausserordentlichen Kurier an den Papst. Von Seilern lässt sich von Saint-Contest zum Essen einladen.

28.7.14

Die lockere Stimmung im Kapuzinergarten

Heute ist morgens wiederum Konferenz auf dem Rathaus, aber es scheint, dass der Garten des Kapuzinerklosters doch der Ort sei, wo sich informeller und vielleicht auch besser verhandeln lässt. Jedenfalls treffen sich die vier Hauptbevollmächtigten abends wiederum dort, und dies nicht zum blossen Vergnügen!

27.7.14

Audienzen und Gegenaudienzen

Es geht so weiter: Von Seilern hat mittags immer sein Speisezimmer voll, diesmal mit dem General von Falkenstein, dem Geheimsekretär Penterriedter, den Württembergischen Gesandten, zwei Baronen von Schönau, dem Grafen von Welschberg und dem Gesandten des Fürsten von Meersburg.

Nachmittags besucht der Herzog von St. Pierre den Grafen von Seilern und hält mit ihm im Audienzzimmer ein langes Gespräch. Nachdem er in seine Unterkunft an der Weiten Gasse zurückgekehrt ist, besucht ihn der Graf du Luc.

26.7.14

Voll ausgefüllter Kongresstag

Morgens Konferenz auf dem Rathaus, mittags diplomatische Gespräche zu Tisch, nachmittags Audienz verschiedener Botschafter bei Graf von Seilern: Der Tag ist anstrengend.

Abends um sechs Uhr fahren Madame de Saint-Contest und die junge Marquise du Luc in einer und Monsieur de Saint-Contest in einer anderen Kutsche nach Wettingen spazieren. Der junge Graf du Luc folgt ihnen zu Pferd.

25.7.14

Die kaiserliche Post verspätet

Wird Wichtiges nach Wien gemeldet? Jedenfalls wird die kaiserliche Post, die üblicherweise mittwochs Baden verlässt, heute erst gegen vier Uhr losgeschickt.

Abends finden Gespräche im Kapuzinergarten und danach bei Saint-Contest im «Paradies» statt.

24.7.14

Casino in den Bädern

Von Seilern, Saint-Contest und die Damen, die meist mit von der Partie sind, verlustieren sich auch heute Abend wieder auf dem Lindenplatz hinter den Bädern. Während Saint-Contest spaziert, vergnügen sich die anderen mit Würfelspiel und Biribi. Das ist ein Glücksspiel, bei dem man auf eines von 36 nummerierten Feldern setzen muss. Zieht der Croupier die richtige Karte, gewinnt man das 32fache.

23.7.14

Diplomatie beim Essen und Spazieren

Wieder ein Tag mit vielen Unterhaltungen: Bei Seilern findet sich mittags eine sehr gemischte Tischrunde ein, der auch Geistliche aus der Region angehören, so der Propst von Klingnau und der Vikar in Kirchdorf, beides Benediktiner des hierzulande begüterten Schwarzwaldklosters St. Blasien.

Abends promenieren verschiedene Damen wieder auf der Matte beim Hinterhof und vergnügen sich mit Badener Würfeln. Derweil lässt sich um acht Uhr der Graf du Luc im Tragsessel zum Herzog von St. Pierre tragen, der nur einige Häuser weiter an der Weiten Gasse logiert. Auch Saint-Contest kommt dorthin, und schliesslich lädt das Ehepaar Saint-Contest den Herzog und seine Gemahlin zu sich zum Abendessen ein.

22.7.14

Der Friede offenbar kurz vor dem Ziel

Wie man erfährt, besteht ein weit gediehener Entwurf des Friedensvertrags, der in lateinischer Sprache ausgestellt wird. Gestern haben die kaiserlichen Bevollmächtigten ein Exemplar den französischen Gesandten übergeben. Der Vertrag soll weitestgehend dem Rastatter Präliminarfrieden folgen. Einige Artikel – es handle sich um den 12., den 15., den 30., den 32. und den 33. Artikel – seien noch strittig. Die Kaiserlichen wollen offenbar stur an dem in Rastatt Erzielten festhalten, die Franzosen hingegen zeigen sich den bayerischen Begehren gegenüber unzugänglich.

Man hofft, die Differenzen in den nächsten 14 Tagen auszuräumen. Zu diesem Bestrebungen gehört vermutlich, dass heute der bayrische Gesandte einen Kurier nach München abschickt, und die Botschafter Saint-Contest und Goëss wiederum auf einen Spaziergang beim Kapuzinerkloster zusammenkommen.

21.7.14

Abfuhr für die katholischen Eidgenossen

Seit dem eidgenössischen Konfessionskrieg von 1712 findet die Tagsatzung im reformierten Frauenfeld und nicht mehr im katholischen Baden statt. Nach der Abnahme der Jahresrechnung über die Gemeinen Herrschaften begeben sich die Tagsatzungsherren der katholischen Orte nach Baden. Sie wollen die Dominanz der katholischen Mächte auf dem Kongress dazu nutzen, ihren Besitzstand vor dem 1712er-Krieg wiederzugewinnen.

Aber die kaiserlichen Gesandten weisen die Anreisenden ab, angeblich, um die Reformierten nicht in Rage zu bringen, in Tat und Wahrheit aber, weil die katholische Innerschweiz über Militärpensionen nach wie vor mit Spanien verbandelt ist, das dem Kaiser eben verloren gegangen ist. Die Absage trifft ein, kurz bevor die Tagsatzungsherren die Stadt Baden erreichen. Immerhin werden einige von ihnen inkognito von du Luc empfangen. Doch letztlich ist auf dem Friedenskongress zu Baden von den katholischen Eidgenossen gar nichts zu erreichen.

20.7.14

Durchbruch im Kapuzinergarten?

Von Seilern lässt sich morgens von seinem Kollegen über die geheimen Gespräche vom Vorabend aufdatieren. Fast den ganzen Tag verbringen die beiden Kaiserlichen beieinander. Um sechs Uhr abends treffen sich die vier Hauptbevollmächtigten im Kapuzinergarten zu geheimen Gesprächen, die über eine Stunde dauern.

An die Öffentlichkeit dringt nichts von den Verhandlungen. Einzig weiss man gerüchtehalber, dass der von du Luc nach Paris geschickte Extrakurier heute beim König eingelangt ist und dass der Marschall de Villars, der später den Frieden für Frankreich unterzeichnen soll, verschiedene Male im königlichen Kabinett vorgesprochen haben soll.

19.7.14

Annäherung bei den Kapuzinern

Nach der Konferenz, die wie immer von neun bis elf Uhr dauert, begibt sich Seilern wie gewöhnlich in die Pfarrkirche, um der Messe seines Kaplans beizuwohnen. Sein Kollege von Goëss hingegen beginnt, um sieben Uhr morgens den Gottesdienst in der Kapuzinerkirche zu besuchen. Ein Zeichen der Annäherung an die Franzosen, die ebenfalls dort zur Messe gehen?
Seilern lässt wieder grossartig auftischen heute, 14 Speisen sind es, und die zehn Gäste werden ausschliesslich aus purem Silbergeschirr verköstigt.

Abends fährt Seilern mit seinem Hofstaat auf die Matte beim Hinterhof. Dort treffen auch andere Gesandte und deren Frauen ein. Eine Stunde lang unterhält man sich dort. Währenddessen erfolgen die wirklich wichtigen Gespräche im Kapuzinergarten: Dort befinden sich von Goëss, du Luc und Saint-Contest um Geheimes zu besprechen, bis die einfallende Nacht sie zur Rückkehr veranlasst.

18.7.14

Grosses Mittagessen im Kloster Wettingen

Der kölnische Gesandte, Freiherr Johann Friedrich Ignaz Karg Freiherr von Bebenburg (Ende 60) testet die Küche des Klosters Wettingen. Er lässt dort ein mehrstündiges Mittagsmahl richten, mit dem er verschiedene andere Diplomaten günstig stimmen will. Den jugendlichen päpstlichen Gesandten Passionei (32) lässt er in einer mit sechs Rappen bespannten Kutsche ins Kloster führen. Der französische Bevollmächtigte Saint-Contest, der bayrische Gesandte Johann Alois Freiherr von Malknecht, der Gesandte von Lüttich und andere kommen in ihren eigenen Gefährten.

Nach 19 Uhr begeben sich die kaiserlichen Botschafter auf die Wiese in der Pfaffechappe. Saint-Contest folgt ihnen. Sie unterhalten sich dort auf ungezwungene Weise eine Weile.

17.7.14

Spinola auf Visite

Der gestern angekommene Herzog von St. Pierre legt bei den kaiserlichen Bevollmächtigten seine Visite ab.

16.7.14

Italienischer Kleinfürst mit grossem Hofstaat

Im Weissen Kreuz an der Weiten Gasse ist heute Franz Maria Spinola, Herzog zu St. Pierre, abgestiegen. Er stammt aus einem der grossen Geschlechter Genuas und vertritt seine eigenen Interessen, eines kleinen Territoriums in Oberitalien. Begleitet sind er und seine Frau von einem für seine Bedeutung übertriebenen Hofstaat, mehreren Offizieren und Bediensteten.

15.7.14

Der päpstliche Gesandte macht seine Visiten

Der Vertreter des Papstes, Domenico Passionei, macht heute seine Visiten bei den kaiserlichen Bevollmächtigten. Diese empfangen ihn eher kühl, denn instruktionsgemäss stellt sich Passionei gegen eine Ausdehnung habsburgischer Macht auf der italienischen Halbinsel.

14.7.14

Der Botschafter des Papstes steigt im Pfarrhaus ab

Heute ist der Gesandte des Heiligen Stuhls in Baden eingetroffen. Domenico Passionei (32) lässt sich von seinem Bruder Francesco begleiten. Der Geistliche und Doktor der Philosophie und beider Rechte ist gräflicher Herkunft und weiss sich unter Diplomaten zu bewegen. Dies hat er schon auf dem Friedenskongress in Utrecht bewiesen. Er hätte eigentlich im Kloster Wettingen standesgemässe Unterkunft nehmen sollen, doch das ist dem begabten Netzwerker zu weit vom Geschehen entfernt: Er begnügt sich mit einer Kammer im Badener Pfarrhaus, um nahe am Puls des Kongresses zu sein. Das ist sicherlich auch der Grund, warum die meisten Gesandten in der Stadt und nicht in den Bädern logieren.

13.7.14

Klosterführung in Wettingen und Spiessrutenlauf in der Kronengasse

Graf von Seilern fährt morgens um acht Uhr mit dem kaiserlichen Geheimsekretär Penterriedter zum Kloster Wettingen. Abt Franz Baumgartner (62) und der Pater Prior führen die beiden durch das Kloster, bevor der Konvent zu Ehren der kaiserlichen Gäste ein Hochamt mit Musikbegleitung feiert.

Zurück an der Mittagstafel, die von Seilern im Roten Turm wiederum mit mehreren Gästen teilt, erscheint ein Leutnant im Speisezimmer. Ein Soldat der Garnison habe eine Badener Bürgerstochter mit Schlägen hart traktiert. Wie üblich, müsse der Soldat nun mit einem Spiessrutenlauf bestraft werden. Aber er, der Leutnant, habe Bedenken, dass dies in der Rathausgasse zu viel Aufsehen erregen würde. Von Seilern befiehlt dem Leutnant, die Körperstrafe des Soldaten in der «hinteren Halden», also in der weniger belebten Kronengasse, vorzunehmen.

Das Spiessrutenlaufen ist eine harte militärische Leibstrafe, die bei unehrenhaftem Verhalten verhängt wird. Der Delinquent muss mehrmals durch eine Gasse seiner Kameraden schreiten, bis zum Gürtel entblösst. Diese versetzen ihm mit Haselruten Schläge auf den Rücken.

12.7.14

Die junge Marquise du Luc umschwärmt

Am Nachmittag nach der Konferenz macht von Seilern dem Grafen du Luc und seiner Schwiegertochter einen Besuch. Auch andere Gesandte machen im Bernerhaus ihre Aufwartung. Danach fahren die französischen Damen, unter ihnen auch die frisch verheiratete Marquise du Luc, in zwei Kutschen in die Bäder, Seilern fährt in seinem neuen Wagen hinterher. Unter der Linde lustwandeln sie über eine Stunde lang. Zurück in der Stadt, nimmt die Gesellschaft bei Saint-Contest das Nachtessen ein.

11.7.14

Im Bordell bestohlen

Einem Perückenmacher ist heute in einem Badener Freudenhaus eine grössere Summe gestohlen worden. Die Wirtin und ihre Mädchen haben sich aus dem Staub gemacht, Nachforschungen sind bisher erfolglos geblieben.

Die einschlägigen Absteigen zweifelhaften Rufs befinden sich an der Badhalde, dem steil abfallenden Strassenstück, das in der Fortsetzung der Römerstrasse in die Bäder hinunterführt. Aber es gibt auch mehrere Zelte bei der neuen reformierten Kirche, in denen während des Kongresses Liebesdienste angeboten werden.

10.7.14

Das Hochzeitspaar aus Paris

Bereits um acht Uhr morgens trifft der österreichische Botschafter Trauttmansdorff wiederum in Baden ein. Um neun beginnt die übliche Dienstagskonferenz auf dem Rathaus, du Luc ist wieder wohlauf und nimmt teil.
Das Mittagessen im Roten Turm vereint neben Seilern und Trauttmansdorff den Prince dʼAuvergne, den Prinzen von Sachsen-Saalfeld, den Landgrafen von Hessen-Rheinfels, den Felddoktor Haag (wohl aus dem Hauptquartier der kaiserlichen Armee, das zwischen Stadt und Bädern campiert) und einen fremden Kavalier. Um sechs fährt Seilern den Grafen von Trauttmansdorff in die Bäder hinunter, wo dieser sein Schiff nach Waldshut besteigt.

Nach fünfwöchiger Abwesenheit trifft der Sohn du Lucs, Gaspard-Madelon-Hubert (27), Oberst der französischen Armee, wieder in Baden ein. Am 5. Juni ist er nach Paris gereist, um zu heiraten. Ihm und seiner Frau Marie-Charlotte schickt der Vater eine sechs- und eine vierspännige Kutsche, mehrere Sänften und Reitpferde und zahlreiche Offiziere und Bedienstete entgegen. Abends um acht Uhr zieht das Hochzeitspaar durch das Bruggertor in die Weite Gasse ein.

8.7.14

Würfel suchen ist wie Trüffel suchen

Nach sonntäglichem Mittagsmahl gibt es heute eine besondere Badener Attraktion: Gegen Abend begeben sich die kaiserlichen Gesandten, die französischen Damen und weitere Offiziere und Bedienstete zum sogenannten Würfelplatz. Dieser liegt am nordöstlichen Fuss des Schlosses Stein, «im Gstühl». Hier lässt die noble Gesellschaft durch Knaben die sogenannten Badener Würfel suchen. Ob die Damen und Herren wissen, dass mit ihnen Schindluder getrieben wird?

Jahrzehnte zuvor sollen hier erstmals Würfel aus Knochen gefunden worden sein. Diese haben etwa einen Zentimeter Kantenlänge und sind auf den Seitenflächen mit einem bis sechs Punkten bezeichnet. Man interpretiert sie als Spielwürfel römischer Soldaten, aber es gibt davon bald immer mehr: Sie werden als Belustigung und Sammlerobjekt für die Badegäste hergestellt und vergraben. Und es wird behauptet, sie wüchsen hier.

7.7.14

Bücklinge auf dem Kirchplatz

Graf du Luc ist heute unpässlich, er bleibt der Konferenz fern. Als von Seilern nach der Messe die Pfarrkirche verlässt, treten ihm auf dem Kirchplatz die beiden jungen Grafen von Stühlingen entgegen und stellen sich ehrerbietig vor. Die beiden sind heute Morgen sechsspännig angereist. Von Seilern empfängt sie freundlich und lädt sie gleich zur Mittagstafel ein, samt ihren zwei geistlichen Hofmeistern, die sie auf ihrer Kavalierstour begleiten. Sie werden morgen wieder abreisen.

6.7.14

Die Stadt ist bis unter die Dächer gefüllt

Heute gibt es keine Nachrichten vom Kongress und dem Gesellschaftsleben. Es ist Freitag und kein Konferenztag.

Nachdem in den letzten Tagen laufend weitere Gäste angekommen sind, zuletzt am 4. Juli einige Offiziere und Damen, die zum Gefolge des Herzogs von Montbéliard gehören, ist in der Stadt Baden jetzt wohl jedes Zimmer ausgemietet. Die Einheimischen haben Platz gemacht, Zimmer abgetreten und Nebenräume für Bedienstete hergerichtet. Es dürfte ein gutes Geschäft sein, etwas vermieten zu können. Auch andere Dienstleistungen werden von Badenerinnern und Badenern erbracht: Wer stellt die Dienstleute, wer kocht, wer putzt, wer sorgt für frische Lebensmittel?

5.7.14

Alles in normalen Bahnen

Heute ist wie gewöhnlich Konferenz, und abends vergnügen sich verschiedene Hauptakteure mit einigen Damen unterhalb des Kapuzinerklosters, in der Pfaffechappe.

4.7.14

Der Prinz von Sachsen-Saalfeld inkognito in Baden

Schon vor einigen Tagen ist ein nobler Herr, der sich inkognito hält, im Gasthof zur Waage an der Weiten Gasse abgestiegen, sieben Personen im Gefolge. Erst jetzt wird er erkannt, als er dem Grafen von Goëss eine Visite gibt und vor dem Haus vom Gastgeber laut vernehmlich tituliert wird: Es ist der Sohn des Herzogs von Sachsen-Saalfeld, Prinz Christian Ernst (31). Er nimmt nicht eigentlich am Kongress teil, sondern macht eine Reise nach Zürich und Einsiedeln und wird morgen wieder in Baden zurückerwartet.

3.7.14

Lothringen lädt ein

Nach der Konferenz lädt der lothringische Gesandte die kaiserlichen und französischen Bevollmächtigten zu einem Mittagsmahl ein, um sie für seinen Standpunkt einzunehmen. Joseph le Bègue, Comte de Germiny, wohnt mit seiner Gemahlin in der Stadtkanzlei, also direkt neben dem Rathaus.

2.7.14

Service à la française im kaiserlichen Quartier

Am heutigen konferenzfreien Tag wird wieder mal ausgiebig getafelt. Von Seilern hat alle drei anderen Hauptbevollmächtigten in den Roten Turm eingeladen, dazu andere Gesandte und deren Frauen. Es wird der sogenannte Service à la française zelebriert. Dabei werden in zwei Serien oder Gängen alle Platten und Schüsseln auf den Tisch gestellt, 14 verschiedene Speisen sind es pro Gang. Auf einem zweiten Tisch werden sogar 32 Speisen gleichzeitig aufgestellt und beim zweiten Gang wiederum 32 unterschiedliche Gerichte aufgetragen. Danach wird Konfekt gereicht. Von ein Uhr bis vier Uhr dauert das Mahl, und das ist noch nicht alles: Im Vorzimmer werden daraufhin Kaffee und andere «vornehme Getränke» präsentiert.

1.7.14

Die erste reformierte Predigt im katholischen Baden

Heute ist keine Konferenz gehalten worden. Wie man erfährt, ist der Friedensvertrag schon weit fortgeschritten. Man unterhält sich nur noch über einige umstrittene Artikel, in denen man aber auch bald Einigkeit zu erzielen hofft. Künftig will man nur noch dienstags, donnerstags und samstags konferieren.

Während die katholischen Kaiserlichen demonstrativ ein grosses Mittagessen halten – Graf von Trauttmansdorff ist dafür extra aus Waldshut nach Baden gekommen – spielt sich etwas ab, was für Baden gleichzeitig neu und provokativ ist: In der neuen reformierten Kirche wird die erste Predigt gehalten.
Nach erfolgreicher Belagerung haben 1712 die reformierten Zürcher und Berner den Stolz der Stadt Baden zerstört: die 50 Jahre zuvor mit enormen Kosten ausgebaute Festung Stein und andere Bestandteile der Stadtbefestigung. Aus dem gewonnenen Baumaterial lassen die Reformierten zwischen Stadt und Bädern ein neues Wahrzeichen bauen: eine reformierte Kirche. Neben dem Landvogt und dem reformierten Teil der Kurgäste wohnen bislang keine Reformierten in Baden.
Die Kirche kann nun also während des Kongresses eingeweiht werden. Der ersten Predigt wohnen nicht nur zahlreiche hierfür angereiste Zürcher und Berner und neugläubige Badegäste bei, sondern auch einige protestantische Gesandte, etwa jene von Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt.

Zudem findet heute der Wechsel in der Landvogtei statt: Der Zürcher Johann Rudolf Waser (48) reitet in Baden ein, ohne Pomp und ohne grosses Gefolge, wie es früher üblich war. Er löst den Berner Hieronymus Thormann ab und zieht mit seiner Familie im Landvogteischloss ein.