7.9.14

In terra Pax hominibus

Mit der Vertragsunterzeichnung am 7. September ist der Höhepunkt überschritten. Zwar geht das gemeinsame Tafeln, Pokulieren und Theater-Besuchen noch einige Tage weiter, sogar nicht zu knapp. Auch diplomatische Gespräche finden bilateral noch statt. Aber das hatten wir alles schon. Der Star des Kongresses, Prinz Eugen, reist am 12. September, nach genau einer Woche in Baden, wieder ab. Mitte September tun es ihm die meisten Gesandten gleich. Am 30. Oktober hat der Letzte von ihnen die Kongressstadt verlassen. Baden räumt auf und geht zum Alltag über.

Grossartiges ist erreicht, und so schreibt der Chronist zum Schluss: «Dem Allerhöchsten seye alsso unendigess Lob und Danckh, dem triumphierenden himlischen Herr die Unverwelckhlich-immerwehrende Glory und aber denen Streittenden Mentschenkindern auf Erden ein bestendiger Fridt: In terra Pax hominibus. [Friede den Menschen auf Erden.]»

Feierliches Bankett im Wilden Mann

Die Unterzeichnung des Friedensvertrags wird bei einem prächtigen Essen in der Residenz des Grafen von Goëss gefeiert. Die meisten Bevollmächtigten und zahlreiche weitere hochgestellte Kongressteilnehmer sind anwesend. 40 Speisen werden aufgetragen, dazu dann noch Konfekt.

Vertragsunterzeichnung vor Schaulustigen

Um elf Uhr werden die Pforten des Rathauses geöffnet, und hinein drängt die Masse der mehreren hundert Schaulustigen allen Standes, Fürsten, Grafen, Freiherren, Generäle, einfache Bürgersleute. Da wird gedrängelt, gleich, ob es ein Fürst oder ein Bauer ist.
Nur Wenige gelangen in den doch recht kleinen Saal, und nur wenige Weitere können aus dem Vorraum einen Blick erhaschen auf den mit grünem Tuch bedeckten Konferenztisch in der Mitte der Stube. Zur Rechten sitzt Prinz Eugen mit dem Grafen von Goëss und dem Grafen von Seilern, zur Linken der Marschall de Villars mit dem Grafen du Luc und dem Seigneur de Saint-Contest. Unten sitzen an separaten Tischen die Geheimsekretäre.

Vor all dem Volk unterschiedlichsten Standes verlesen nun die Sekretäre den lateinischen Friedensvertrag, Penterriedter die ersten vierzehn Artikel, sein französischer Kollege die restlichen. Nach der Verlesung unterzeichnen die sechs Botschafter den Frieden, und die Sekretäre siegeln, worauf die Dokumente ausgetauscht werden.

Damit ist der Friede nach einem wahrlich weltumspannenden, vieljährigen Krieg geschlossen! Die Botschafter verfügen sich in ihre Gemächer. Das Volk hingegen behändigt als Andenken von dem Konferenztisch, was noch daliegt: Schreibzeug, Federn, Siegellack. Na ja, wenns schon keinen Apéro gibt!

Unter strömendem Regen zur Vertragsunterzeichnung

Nach Vorbesprechungen der Vertragsparteien in den Residenzen ist es um 10 Uhr so weit: Die drei französischen Bevollmächtigten lassen sich in ihren Tragsesseln durch den Regen zum Rathaus tragen. Ihnen folgen zwar viele Offiziere und Bedienstete, aber nicht in einem geschlossenen Zug. Die kaiserlichen Bevollmächtigten benützen derweil ihre Kutschen, um sich vors Rathaus führen zu lassen.

In der Konferenzstube, dem früheren Tagsatzungssaal, halten die sechs Bevollmächtigten und ihre zwei Legationssekretäre noch eine geheime Konferenz. Es gelingt einigen Badener Bürgern, durch ein offenstehendes Fenster in den Saal zu blicken und beinahe auch zu verstehen, was gesprochen wird. Prinz Eugen, der mit Blick zum Fenster sitzt, nimmt dies wahr und gibt dem Marschall de Villars ein Zeichen. Dieser erhebt sich und schliesst das Fenster eigenhändig.

Kleiderordnung für den Tag der Vertragsunterzeichnung

Heute soll der Frieden im Namen ihrer kaiserlichen und katholischen Majestät Karls VI. und ihrer allerchristlichsten Majestät Ludwigs XIV. unterzeichnet werden. Die kaiserlichen beiden Botschafter und ihre Offiziere ziehen ihre Gala-Uniformen oder ihre gold- und silberbestickten Kleider an. Die französischen Ambassadoren und ihre Offiziere hingegen tragen, wie schon während des ganzen Kongresses, dunkles Schwarz. Dies ist das Zeichen der Trauer für den vor vier Monaten, am 4. Mai 1714, an den Folgen eines Jagdunfalls verstorbenen Charles de Bourbon, Herzog von Berry (27). Charles war ein Enkel von Ludwig XIV. und wäre als Regent für den minderjährigen künftigen König in Frage gekommen.