Nachdem
nun alle miteinander bekannt sind und sich besucht haben, kommen die Parteien
auch zum Essen zusammen. Im Paradies lässt der Seigneur de Saint-Contest ein
herrliches Diner richten und bewirtet den Prinzen, den Marschall de Villars,
die Grafen du Luc und von Seilern sowie einige Damen. Saint-Contest lässt den
Prinzen in einem kostbaren Tragsessel von eigenen Bediensteten abholen und
unter Fackeln zu seiner Residenz führen.
Erleben Sie den Friedenskongress Tag für Tag. Der Badener Caspar Joseph Dorer führt für Sie Tagebuch.
6.9.14
Zeit für Visiten und Gegenvisiten
Nach
den ausgiebigen Mittagsmählern werden die diplomatischen Höflichkeiten
ausgetauscht. So lässt sich de Villars in einem Tragsessel zum Grafen von
Seilern tragen, um ihm eine Visite abzulegen. Umgekehrt treffen sich auch die
französischen Gesandten mit Prinz Eugen.
Öffentlich zelebriertes Festessen im Roten Turm
Nach
der Konferenz im Bernerhaus geleitet Marschall de Villars den Prinzen Eugen zur
Hauspforte. Dieser verfügt sich zum Mittagessen in den Roten Turm. Bei der
Tafel sind verschiedene Generäle und Gesandte anwesend. 18 Speisen stehen auf
dem Tisch. Es ist ein öffentlich zur Schau getragenes Essen, und vor dem Roten
Turm läuft das Volk zusammen. Es will den Prinzen sehen und einen Blick
auf die Tafel erhaschen. Tatsächlich werden einige Leute hereingelassen. Aber
das Tafelzimmer ist eng, sodass nur jene reinschauen können, die mit den
Offizieren bei Hof bekannt sind. Im Nebenzimmer erhalten diese Besucher auch
etwas zu essen und zu trinken.
Gegenvisite des Prinzen beim Marschall
Nach
der Unterredung mit dem Prinzen besuchen von Goëss und von Seilern die heilige
Messe in der Kapuzinerkirche und begeben sich danach zurück in ihre Residenzen.
Mittlerweile ist es zehn Uhr vormittags geworden, Zeit für die Gegenvisite beim
Franzosen. Eugen, Fürst von Savoyen und Piemont, Ritter des goldenen Vlieses und
noch vieles mehr, wirft sich in Montur, lässt die Bediensteten in Livré
vorausgehen, nach ihnen die Pagen, denen er folgt, hinter ihm die beiden kaiserlichen
Botschafter, darauf eine Menge vornehmer Herren und Kavaliere, insbesondere
alle, die vorher dem Prinzen in dessen Vorzimmer aufgewartet haben.
Vor dem
Bernerhaus stehen französische Hofherren und Bedienstete, die dem Prinzen
aufwarten. Marschall de Villars empfängt Eugen an der Treppe. Er begleitet ihn
nicht etwa in das Audienzzimmer, wo das Porträt Ludwigs XIV. hängt, sondern in
das daneben befindliche Schlafzimmer. Nach abgelegtem Kompliment halten die
beiden höchsten Generäle dort drin eine geheime Konferenz, bei der auch die
vier Hauptbevollmächtigten und die Legationssekretäre zugegen sind und die bis
nach 12 Uhr dauert.
Alles in Gala
Dem
Prinzen zur Ehre werfen sich die kaiserlichen Botschafter von Goëss und von
Seilern in ihre kostbarsten Gewänder. Um acht Uhr sprechen sie in der Residenz
des Prinzen vor den Toren der Stadt vor und halten sich eine Zeit lang mit
ihrer hochfürstlichen Durchlaucht in deren Kabinett auf. Im Vorzimmer sammeln
sich Fürsten, Grafen, Freiherren, hohe Generäle und andere vornehme Herren, die
alle in Gold und Silber aufziehen.
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