31.8.14

Die Unterzeichnung des Friedens wird vorbereitet

Heute sind Aktivitäten im Gang, die ganz eindeutig dazu dienen, die Ankunft des Prinzen Eugen und das genaue diplomatische Protokoll zu besprechen, das rund um die Unterzeichnung des Friedensvertrags in Anwendung kommen soll. Von Seilern bespricht sich ausführlich mit von Goëss, und beide empfangen nacheinander die beiden jungen Fürsten von Ligne (28 und 29), die vorgestern eingetroffen sind und als hohe Militärs quasi die Vorhut des Prinzen Eugen darstellen. Der Empfang ist, obwohl sie aus dem eigenen Lager stammen, förmlich: Von Seilern empfängt sie oben an der Treppe und geht mit ihnen ins Audienzzimmer.

30.8.14

Letzte Retouchen am Friedensvertrag

Von Wien und Paris sind inzwischen die Kuriere des Friedensvertrags wieder in Baden eingetroffen und haben aus den Hauptstädten Instruktionen mitgebracht. Es wird nicht bekannt, ob am Vertrag nun noch letzte Korrekturen angebracht werden oder ob es allein darum geht, das Prozedere der Unterzeichnung zu besprechen. Jedenfalls treffen sich heute die kaiserlichen und französischen Bevollmächtigten von neun bis elf Uhr auf dem Rathaus zur Konferenz. Danach folgt der übliche Besuch der heiligen Messe.

In der Wiese hinter dem Sommerhaus des Schultheissen Schnorff, das sich vor dem Mellingertor befindet, hat man ein Zelt aufgestellt. Dort speist der Seigneur de Saint-Contest mit seinen Damen zu Mittag. Nach vier Uhr nachmittags kommen die kaiserlichen Exzellenzen hinzu. Man unterhält sich bis zur einfallenden Nacht – ein schöner Sommernachmittag, auf den ein Nachtessen folgt: Von Seilern speist bei Saint-Contest.

29.8.14

Prinz Eugen endlich unterwegs

Heute kommen die beiden Fürsten Claudius (29) und Ferdinand (28) von Ligne und Amblise in Baden an. Sie sind die ersten Vorboten Prinz Eugens, vor elf Tagen in Wien abgereist. Sie nehmen Quartier im Gasthof zum Engel, neben dem Bruggertor.

Endlich soll heute auch Prinz Eugen, der römischen kaiserlichen und königlichen katholischen Majestät wirklich geheimer Rat, Hofkriegsratspräsident, Generalleutnant, des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation Reichsfeldmarschall und so weiter und so weiter, Wien mit der Post verlassen haben, um nach Baden zu kommen und die Generalfriedenshandlung vorzunehmen. Man rechnet damit, dass Prinz Eugen in etwa einer Woche in der Kongressstadt eintreffen wird.
Es ist heute des Chronisten Hochzeitstag. Danke für diese Nachricht, auf die wir so lange gewartet haben!

28.8.14

Marschall de Villars nähert sich Baden

Schon bald seit vier Wochen wird jetzt keine Konferenz mehr gehalten. Alles wartet auf die Ankunft der zwei hohen Generäle, die das Friedenswerk unterzeichnen sollen. Der französische Bevollmächtigte, Marschall de Villars (61), soll sich vor einigen Tagen von Paris aus zu seinem Schloss Vaux-le-Vicomte begeben haben. Dieses Landgut liegt südöstlich von Paris, noch 500 Kilometer von Baden entfernt. Doch von dort aus habe de Villars die Reise nach Baden angetreten und sei in der Nacht auf heute in der französischen Festungsstadt Hüningen angelangt. Das ist vor den Toren Basels – noch 70 Kilometer bis Baden. Dort wahrt er Abstand; er will keinesfalls lange vor Prinz Eugen eintreffen.

27.8.14

Eine Flasche Wein ist schäbig; man bringe acht Saum!

Neben dem Herzog von St. Pierre und dem päpstlichen Gesandten Passionei sind fünf Franzosen heute Mittag bei Graf von Seilern zu Gast, darunter einer, der als der «disgracierte Poet» bezeichnet wird. Es handelt sich um Jean-Baptiste Rousseau (43), der nicht mit seinem jüngeren Namensvetter Jean-Jacques (erst gerade 2 Jahre alt) verwechselt werden darf. Jean-Baptiste Rousseau ist einer der besten französischen Lyriker seiner Zeit. Aber eben: er beschmutzt andere in seinen Gedichten, seine Spottverse sind gefürchtet.

Spektakulär das Geschenk, das der Markgraf von Baden-Durlach heute dem Grafen von Seilern macht: ein ganzes Fuder weissen und roten Markgräfler Weins, acht Saum, das sind so um die tausend Liter!

26.8.14

Glieder gut, Hirn schlecht

Heute trifft aus London eine neun Tage alte Zeitung ein, aus der hervorgeht, dass der Leichnam der Königin Anna geöffnet und einbalsamiert worden sei. Die Glieder des Leibs seien noch für sehr gut, das Hirn aber für schlecht befunden worden. Die Eingeweide seien am 16. August in der Kapelle König Heinrichs VII. in der Westminster Abtei beigesetzt worden.

25.8.14

Der Namenstag des Sonnenkönigs

Heute regnet es nur einmal. Der Einbruch des Herbsts, Ende des Badenfahrt-Wetters, kennen wir! Aber die Franzosen sind in Festlaune: Ihr König Ludwig XIV. hat Namenstag. Trompetenspiel schon am frühen Morgen. Die Lakaien ziehen alle mit neuer, properer Montur auf. Um elf Uhr reihen sich 36 von ihnen ein vor dem Bernerhaus, an die Spitze des Zugs, gefolgt von jungen Edelknaben. Dann die hohen königlichen Gesandten, Comte du Luc und Monsieur de Saint-Contest, in farbigen Kleidern, begleitet von den Fürsten von Auvergne und Castiglione, dann weitere Gesandte und eine Menge Offiziere. In dieser Formation ziehen sie zur Kapuzinerkirche, wo auf dem Hochaltar dreissig Wachskerzen brennen und der heilige Ludwig vom Altarblatt grüsst.
Um ein Uhr zurück im Bernerhaus, beginnt das prächtige Gastmahl. Ein Hauptmann aus dem Waadtland, der die Tochter des ehemaligen Landvogts Thormann angemacht hat, pöbelt gegen den jungen Grafen du Luc, aber der Zwischenfall wird von den Anwesenden abtempiert, indem sie allesamt von der Tafel aufstehen. Die Damen lassen sich darauf ins Theater tragen. Einige fahren in den Kutschen, ihnen folgt der ganze Hof. Die Komödie beginnt um 19 und dauert bis 22 Uhr.
Nach dem Theater startet bei Monsieur de Saint-Contest im Paradies ein Ball, und um Mitternacht geht dieser über in ein erneutes vornehmes Gastmahl. Erst um vier Uhr morgens geht die hohe Gesellschaft auseinander.

24.8.14

Widersprüchliche Berichterstattung

Heute sei der Abt von St. Blasien in Baden eingetroffen, erfährt man. Doch warum sollte Hochwürden drei Tage nach dem Besuch vom 21. nochmals kommen und erneut von Seilern zum Mittagsmahl eingeladen werden, ohne dass der Grund genannt, vermutet oder wenigstens ein Wörtchen wie «wiederum» hinzugegeben wird? Und warum wird berichtet, von Goëss, bei dem der Abt als Erstes sein Kompliment abgelegt habe, sei jüngst von einer Wallfahrt nach Maria Einsiedeln zurückgekommen, wo doch von Göess gestern bei der geheimen Unterredung im Kapuzinergarten war? Hingegen ist bereits am 20. berichtet worden, Goëss sei früh um sechs Uhr mit seinem Sohn und einigen Offizieren nach dem Wallfahrtsort abgereist. Da wird er doch wohl am gleichen Tag oder spätestens am 21. zurückgekommen sein.

Sind dem Tagebuchschreiber die Ereignisse oder die Tage ein wenig durcheinander gekommen? Können wir alles präzis so glauben, wie es uns berichtet wird? Oder müssen wir halt auch mal eine Fehleinschätzung oder einen kleinen Fehler in der Datierung hinnehmen?

23.8.14

Nachricht aus Wien: Ein neues Problem?

Mit der Post trifft heute ein Extrakurier von Wien ein, der sofort zu Graf von Goëss in den Wilden Mann eilt, wohin sich auch Graf von Seilern unverzüglich begibt. Daraufhin, so wird beobachtet, treffen sich die beiden Kaiserlichen mit dem Franzosen Saint-Contest im Kapuzinergarten und halten mit ihm über eine Stunde lang eine geheime Unterredung.

Niemand weiss, aber alle mutmassen, was hier an schlechter oder schwieriger Nachricht wohl eingelangt sein mag. Eine Unstimmigkeit im Vertrag? Eine zeitliche Verzögerung? Eine Forderung Wiens bezüglich der Formalitäten, die der Zustimmung der Franzosen bedarf? Nichtsdestotrotz begeben sich derweil die Französinnen, von vornehmen Kavalieren begleitet, ins «Commoedi-Hauss» auf dem Theaterplatz.

22.8.14

Die Vorläufer von Prinz Eugen unterwegs nach Baden

In Baden wartet man sehnlichst auf Nachrichten aus Wien. Wann endlich reist Prinz Eugen ab, um den Frieden zu unterzeichnen? Noch ist von Durchlaucht nichts zu vernehmen. Statt ihm, so hört man heute, haben aber zwei junge, hohe Militärs aus seinem Gefolge die Reise von Wien nach Baden angetreten, die beiden Fürsten von Ligne und Amblise. Sie gehören zum kaisertreuen belgischen Hochadel und haben sich im vergangenen Krieg militärisch ausgezeichnet. Claudius ist 29, sein Bruder Ferdinand 28 Jahre alt.

21.8.14

Der Abt von St. Blasien auf Besuch

Heute macht der Abt des mächtigen Benediktinerklosters St. Blasien, Augustinus Fink (ca. 62), einen Besuch in Baden. Das im Schwarzwald liegende Kloster ist auch in unserer Gegend reich begütert. Es ist in zahlreichen umliegenden Ortschaften Grundherr und Inhaber anderer Rechte. In Kirchdorf beispielsweise richtet es über Diebstähle und andere Delikte (Niedere Gerichtsbarkeit), bezieht den Zehnten und setzt den Pfarrer ein. Es ist mit den Propsteien Klingnau und Wislikofen auch physisch in der Grafschaft Baden präsent. Abt Augustinus hat sich im vergangenen Krieg zweimal mit Mitbrüdern in Wislikofen in Sicherheit bringen müssen.
Nach der Mittagstafel beim kaiserlichen Gesandten von Seilern reist Abt Augustinus mit dem Propst und dem Hofkaplan nach Klingnau ab. Er wird von Seilern mit einer von sechs Rappen gezogenen Kutsche in die Bäder geführt und besteigt dort das Schiff.

Abends unternehmen die Franzosen unter der Führung von Saint-Contest einen Ausflug aufs Wettinger Feld, in zwei Kutschen und mit Sänften. Nach knapp drei Stunden kehren sie um acht Uhr noch beim Herzog von St. Pierre ein.

20.8.14

Königin Anna verstorben

Heute läuft in Baden die Nachricht ein, dass am 12. August morgens zwischen sieben und acht Uhr Königin Anna von Grossbritannien in ihrem 50. Lebensjahr verstorben ist. Als man vor sieben Tagen in Baden von ihrem Schlaganfall vernommen hat, war sie also bereits seit einem Tag tot. So lange dauert es, bis umwälzende Neuigkeiten (engl.: breaking news) von London nach Baden übermittelt sind.

Anna stirbt ohne direkte Nachkommen, sie ist die letzte Königin aus dem Hause Stuart. Ober- und Unterhaus treten zusammen und nehmen Kenntnis von der früher beschlossenen Parlamentsakte, wonach der Kurfürst von Hannover, der Welfe Georg aus dem Haus Braunschweig-Lüneburg, ihr auf dem Thron nachfolgt.

19.8.14

Das Tägerhard: ein neuer Festort mit Potenzial

Am heutigen strahlend schönen Sonntag geben die französischen Gesandten eine Freiluftparty im Tägerhard. Die Bediensteten haben viel Arbeit damit gehabt und im Wald eine Tafel eingerichtet, die mit unterschiedlichen köstlichen kalten Speisen ausgestattet ist. Nachmittags um zwei begibt sich die Crème de la Crème in ihren Kutschen und zu Pferd nach Wettingen. Die Bauern aus mehreren umliegenden Dörfern laufen zusammen, um sich dieses Spektakel anzuschauen.

Dieser Ort, das Tägerhard, hat wahrhaftig das Potenzial, um Feste zu feiern! Die noblen Damen und Herren haben mächtig Spass und bleiben bis acht Uhr abends. Unter hell leuchtenden Fackeln besteigen sie wieder ihre Kutschen und fahren zurück. Bei Saint-Contest im Paradies gibts für einen Teil der Gesellschaft noch einen Absacker.

18.8.14

Alles bereit in Prinz Eugens Unterkunft?

In den letzten Tagen ist im Sommerhaus des Schultheissen Schnorff vor dem Mellingertor die Unterkunft für Prinz Eugen von Savoyen hergerichtet worden, der bald erwartet wird, um den Frieden für den Kaiser zu unterzeichnen. Von Seilern und der Sekretär der kaiserlichen Delegation, Penterriedter, besichtigen die Vorbereitungen und kehren danach im «Paradies» bei Saint-Contest ein.

17.8.14

Die evangelischen Gesandten enttäuscht

Der Baden-Durlachische Gesandte reist heute ab. Er ist enttäuscht wie alle evangelischen Gesandten. Sie wollten die sogenannte Religionsklausel abgeschafft haben. Mit dieser Klausel in einem vorangegangenen Friedenswerk, dem Rijswijker Frieden von 1697, hatte sich der französische König nur bereit erklärt, besetzte Gebiete zurückzugeben, wenn sie katholisch blieben. Den Katholizismus in diesen evangelischen Gebieten hatte er vorher mit Gewalt eingeführt. Im Frieden von Baden wird nun diese Religionsklausel in Artikel 3 bestätigt. Gehör haben die evangelischen Gesandten weder bei Frankreich noch bei den Kaiserlichen gefunden.

16.8.14

Fast jeden Tag ins Theater

Heute haben die Köche von Graf von Seilern wieder viel zu tun: Durch seine Pagen lässt Exzellenz wiederum eine grosse Schar hochkarätiger Gäste zur Mittagstafel bitten. Die anwesenden Damen beginnen nach der Mahlzeit mit dem Kartenspiel, einige Herren machen mit. Sodann lassen sich die Damen in ihren Tragsesseln die wenigen Schritte zum Schützenhaus auf der Schanze vor dem Bruggertor bringen. Im dortigen Theatersaal wird jeden Tag eine Komödie gegeben, der jeweils fast der ganze Kongress beiwohnt. Von Seilern lässt in der Rathausgasse anspannen, sechsspännig natürlich, und fährt durch das Bruggertor ebenfalls auf den Theaterplatz, um dem Schauspiel beizuwohnen.

15.8.14

Von Seilern eilt von Tafel zu Tafel

Die gräflichen Exzellenzen von Seilern und von Trauttmansdorff speisen heute Mittag wiederum bei von Goëss im Wilden Mann. Trauttmansdorff trifft danach noch einige andere Gesandte und wird dann von Seilern in der Kutsche zur Schifflände in den Bädern gebracht, von wo er sich auf der Limmat nach Waldshut führen lässt. Abends ist von Seilern bei Saint-Contest zu Gast.

14.8.14

Der Herzog von Montbéliard reist unverrichteter Dinge ab

Man erfährt, dass der Herzog von Württemberg-Mömpelgard enttäuscht ist, dass auch er auf dem Kongress nichts für sein kleines, von Frankreich völlig umgebenes Territorium hat erreichen können. Er reist ab, und man rechnet nicht damit, dass er wieder kommt.
Mittags kommt es zum Fünf-Gesandten-Mahl bei von Goëss, wo erstmals die vier Hauptbevollmächtigten mit dem Grafen von Trauttmansdorff, dem Gesandten des Kaisers bei der Eidgenossenschaft, zusammentreffen. Dieser ist vor drei Tagen angereist und nun, nach verschiedenen eintägigen Kurzbesuchen, erstmals mehrere Tage in Baden geblieben.

Um fünf Uhr abends unternehmen die französischen Damen in ihren Karossen eine Spazierfahrt ins Tägerhard, wo sie sich unter dem angenehmen Schatten der Waldbäume verlustieren.

13.8.14

Die Königin von Grossbritannien zwischen Leben und Tod

Aus England trifft heute die Nachricht in Baden ein, dass die britische Königin Anna von einem Schlaganfall heimgesucht worden ist. Anna Stuart (49) ist Staatsoberhaupt von Grossbritannien, das erst vor sieben Jahren aus dem Zusammenschluss von England und Schottland entstanden ist.
Grossbritannien war im vergangenen Krieg bemüht, den Einfluss Frankreichs einzudämmen, hielt also eher zum Kaiser. Darum erweckt es Aufsehen, dass ihr Leben jetzt, wo der Friedensvertrag noch nicht unterzeichnet ist, an einem seidenen Faden hängt.
Sie habe durch den Schlaganfall die Sprache verloren. Man habe ihr Tinktur aus pulverisierten Spanischen Fliegen appliziert und sie zudem am Kopf und zwischen den Schultern geschröpft. Aber nach kurzer Besserung habe sich ihr Gesundheitszustand erneut verschlechtert. Deshalb seien Ober- und Unterhaus zusammengerufen, die Seehäfen geschlossen und die Stadtmiliz in London bewaffnet worden, um allem allfälligen Aufruhr bei ihrem Ableben entgegenzutreten.

12.8.14

Hochkarätiger Mittagstisch im Roten Turm

Die Gäste, die heute Mittag in von Seilerns Residenz verköstigt werden, haben klingende Namen: Es sind der Herzog von Montbéliard, Graf von Trauttmansdorff, der Prinz von Hessen-Rheinfels, Graf von Goëss, sein Sohn, der Württembergische Gesandte und der kaiserliche Geheimsekretär auf dem Kongress, Penterriedter. Was will man jetzt, wo der Friede ausgehandelt ist, noch tun als essen, essen, essen?

11.8.14

Etwas Kleindiplomatie

Der jüngst angekommene zweite schwedische Gesandte, Erik Axelson Freiherr von Sparre (49), stattet heute den Hauptbevollmächtigten seinen Antrittsbesuch ab. Der Württembergische Gesandte erhält derweil zwischen 10 und 11 Uhr bei Graf von Seilern Audienz. Graf von Trauttmansdorff, der kaiserliche Gesandte für die Eidgenossenschaft, trifft wiederum von Waldshut in Baden ein und nimmt zusammen mit Seilern bei von Goëss das Mittagsmahl ein.

10.8.14

Der Herzog von Montbéliard kommt zu spät

Noch ein später Ankömmling, ein Prominenter: Herzog Leopold Eberhard (44) kommt höchstpersönlich von Montbéliard nach Baden, um zu retten, was seine drei Gesandten nicht hinbekommen haben. Das Herzogtum Württemberg-Mömpelgard ist ein Restbesitz, umgeben von französischem Territorium, das von einer Nebenlinie der Stuttgarter Herzöge regiert wird. Es war ein Aufmarschgebiet im soeben zu Ende gegangenen Krieg. Der Herzog kämpft um die Restitution seines vollständigen Besitzes. Er wird zwar von Seilern und von Goëss empfangen, aber er kommt zu spät und richtet nichts mehr aus.

Verschiedene Ausfahrten werden heute Abend unternommen: Die Damen du Luc und Martinville lassen sich in Sänften aufs Wettinger Feld tragen, während Saint-Contest mit seiner Frau, dem jungen Marquis du Luc und einem Ritter des Deutschen Ordens eine Ausfahrt in sechsspänniger Kutsche unternimmt.

9.8.14

Verspätete Gesandte

Man glaubt es nicht, aber es kommen immer noch Gesandte an, obwohl der Friedensvertrag unterwegs nach Wien und Paris ist. Während der Gesandte von Hessen-Darmstadt schon gestern abgereist ist, ist gleichentags der Vertreter des Schwäbischen Kreises, einer der Gebietskörperschaften des Reichs, eingetroffen. Es handelt sich um Johann Wilhelm Freiherr Schenck von Stauffenberg (62), den älteren Bruder des Fürstbischofs von Konstanz, der von Meersburg am Bodensee angereist ist und im «Engel» direkt neben dem Bruggertor Quartier bezogen hat. Heute kommt noch ein zweiter schwedischer Gesandter an. Er übernimmt im Haus zum Pflug an der Weiten Gasse die Unterkunft, die bis gestern der Gesandte von Hessen-Darmstadt benützt hat.

8.8.14

Warten und Essen

Jetzt, wo es kaum noch etwas zu besprechen gibt, kann nur noch vom Essen und von den Belustigungen der Kongressteilnehmer berichtet werden. Eine bunte Reihe verschiedener Gesandter isst im Roten Turm zu Mittag, 15 an der Zahl. Zum Nachtessen lässt Graf du Luc den Herzog von St. Pierre und seine Gemahlin mit Fackeln und Tragsesseln abholen. Das ist eine besondere Ehrerbietung an einen diplomatisch unwichtigen, aber von seiner Abstammung her hochstehenden Gast. Die beiden könnten gut zu Fuss gehen; die Distanz von ihrer Unterkunft zum Bernerhaus beträgt keine hundert Meter.

7.8.14

Der Friedensvertrag auf der Post nach Wien

Es täuscht nicht: Das Friedenswerk ist fertig. Gestern war gar nichts zu melden, und heute Dienstag wird nicht mal mehr Konferenz gehalten. Um ein Uhr mittags verlässt der Diener, der bei Graf von Goëss jeweils die Tafel deckt, mit der letzten Post die Stadt Baden als Extrakurier nach Wien. Bei sich im Gepäck: das versiegelte Instrumentum pacis, also der lateinische abgefasste Friedensvertrag, adressiert an Prinz Eugen von Savoyen (51). Der in Frankreich aufgewachsene Hochadlige und ruhmreiche Feldherr im Dienst des Kaisers sitzt im Zentrum der kaiserlichen Politik; er präsidiert den Hofkriegsrat und die Geheime Staatskonferenz. Er wird das Friedenswerk vom Kurier entgegennehmen und Ihrer Kaiserlichen Majestät überreichen. Der Kaiser wird, so ist zu erwarten, danach Prinz Eugen die Order erteilen, nach Baden abzureisen und dort den Vertrag zu unterzeichnen. Man hofft auf die Ankunft von Prinz Eugen zu Ende des Monats August.

Bis dahin ist Warten angesagt, und Warten kann man am besten, wenn man sich gut unterhält. So lädt der jugendliche Gesandte des Papstes, Domenico Passionei (32), heute du Luc und andere Gesandte zum Mittagsmahl ins Kloster Wettingen ein, während bei von Goëss im Wilden Mann ein anderes Bankett stattfindet.

5.8.14

Privataudienzen bei Graf von Seilern

Im Roten Turm geben sich die Diplomaten die Klinke in die Hand: Nachmittags ist der Herzog von St. Pierre über eine Stunde bei Graf von Seilern und bespricht mit ihm seine Geschäfte. Danach gewährt Seilern dem Gesandten des Fürstbistums Hildesheim eine Audienz. Hier geht es eigentlich um Politik für das bayrische Haus Wittelsbach. Dieses hat eine ganze Reihe von deutschen Fürstbistümern unter seinen Fittichen, darunter auch das Hochstift Hildesheim. Es geht um nicht weniger als um die Restitution des Hochstifts an den wittelsbachischen Landesherrn und Fürstbischof. Der junge Gesandte, Ernst Friedrich Freiherr Twickel (31), entstammt westfälischem Adel und ist seit dem jugendlichen Alter von 25 Jahren Domherr in Hildesheim.

4.8.14

Nicht mehr viel zu tun für den Friedensvertrag?

Auffällig wenig ist zu vermelden: gestern gar nichts und heute Samstag nur gerade eine Spazierfahrt der französischen Damen nach Wettingen, der sich Graf von Seilern anschliesst. Ein Stafettenkurier von Wien langt bei den kaiserlichen Botschaftern ein, und, wie samstags üblich, ist morgens Konferenz gehalten worden. Sind wohl heute die letzten Schnörkel am Friedensvertrag angebracht worden?

2.8.14

80 Diplomaten in Baden

Heute um acht Uhr trifft der venezianische Botschafter ein. Mittlerweile sind rund 80 Diplomaten und viele hundert Angehörige und Bedienstete in Baden.

Um neun Uhr gehen die Hauptbevollmächtigten, wie gewöhnlich begleitet von Offizieren, Pagen und Lakaien, zur Konferenz auf dem Rathaus. Üblicherweise benützen die Kongressparteien dabei zwei verschiedene Eingänge des Rathauses: Die Kaiserlichen nehmen die Tür auf der Seite der Stadtkirche, die Franzosen jene in der Rathausgasse.

1.8.14

Diplomatie in den Residenzen

Bei du Luc nimmt Seilern heute das Mittagessen ein. Die beiden gehen von dort zu Saint-Contest ins «Paradies» und danach miteinander zu von Goëss in den «Wilden Mann».