7.9.14

In terra Pax hominibus

Mit der Vertragsunterzeichnung am 7. September ist der Höhepunkt überschritten. Zwar geht das gemeinsame Tafeln, Pokulieren und Theater-Besuchen noch einige Tage weiter, sogar nicht zu knapp. Auch diplomatische Gespräche finden bilateral noch statt. Aber das hatten wir alles schon. Der Star des Kongresses, Prinz Eugen, reist am 12. September, nach genau einer Woche in Baden, wieder ab. Mitte September tun es ihm die meisten Gesandten gleich. Am 30. Oktober hat der Letzte von ihnen die Kongressstadt verlassen. Baden räumt auf und geht zum Alltag über.

Grossartiges ist erreicht, und so schreibt der Chronist zum Schluss: «Dem Allerhöchsten seye alsso unendigess Lob und Danckh, dem triumphierenden himlischen Herr die Unverwelckhlich-immerwehrende Glory und aber denen Streittenden Mentschenkindern auf Erden ein bestendiger Fridt: In terra Pax hominibus. [Friede den Menschen auf Erden.]»

Feierliches Bankett im Wilden Mann

Die Unterzeichnung des Friedensvertrags wird bei einem prächtigen Essen in der Residenz des Grafen von Goëss gefeiert. Die meisten Bevollmächtigten und zahlreiche weitere hochgestellte Kongressteilnehmer sind anwesend. 40 Speisen werden aufgetragen, dazu dann noch Konfekt.

Vertragsunterzeichnung vor Schaulustigen

Um elf Uhr werden die Pforten des Rathauses geöffnet, und hinein drängt die Masse der mehreren hundert Schaulustigen allen Standes, Fürsten, Grafen, Freiherren, Generäle, einfache Bürgersleute. Da wird gedrängelt, gleich, ob es ein Fürst oder ein Bauer ist.
Nur Wenige gelangen in den doch recht kleinen Saal, und nur wenige Weitere können aus dem Vorraum einen Blick erhaschen auf den mit grünem Tuch bedeckten Konferenztisch in der Mitte der Stube. Zur Rechten sitzt Prinz Eugen mit dem Grafen von Goëss und dem Grafen von Seilern, zur Linken der Marschall de Villars mit dem Grafen du Luc und dem Seigneur de Saint-Contest. Unten sitzen an separaten Tischen die Geheimsekretäre.

Vor all dem Volk unterschiedlichsten Standes verlesen nun die Sekretäre den lateinischen Friedensvertrag, Penterriedter die ersten vierzehn Artikel, sein französischer Kollege die restlichen. Nach der Verlesung unterzeichnen die sechs Botschafter den Frieden, und die Sekretäre siegeln, worauf die Dokumente ausgetauscht werden.

Damit ist der Friede nach einem wahrlich weltumspannenden, vieljährigen Krieg geschlossen! Die Botschafter verfügen sich in ihre Gemächer. Das Volk hingegen behändigt als Andenken von dem Konferenztisch, was noch daliegt: Schreibzeug, Federn, Siegellack. Na ja, wenns schon keinen Apéro gibt!

Unter strömendem Regen zur Vertragsunterzeichnung

Nach Vorbesprechungen der Vertragsparteien in den Residenzen ist es um 10 Uhr so weit: Die drei französischen Bevollmächtigten lassen sich in ihren Tragsesseln durch den Regen zum Rathaus tragen. Ihnen folgen zwar viele Offiziere und Bedienstete, aber nicht in einem geschlossenen Zug. Die kaiserlichen Bevollmächtigten benützen derweil ihre Kutschen, um sich vors Rathaus führen zu lassen.

In der Konferenzstube, dem früheren Tagsatzungssaal, halten die sechs Bevollmächtigten und ihre zwei Legationssekretäre noch eine geheime Konferenz. Es gelingt einigen Badener Bürgern, durch ein offenstehendes Fenster in den Saal zu blicken und beinahe auch zu verstehen, was gesprochen wird. Prinz Eugen, der mit Blick zum Fenster sitzt, nimmt dies wahr und gibt dem Marschall de Villars ein Zeichen. Dieser erhebt sich und schliesst das Fenster eigenhändig.

Kleiderordnung für den Tag der Vertragsunterzeichnung

Heute soll der Frieden im Namen ihrer kaiserlichen und katholischen Majestät Karls VI. und ihrer allerchristlichsten Majestät Ludwigs XIV. unterzeichnet werden. Die kaiserlichen beiden Botschafter und ihre Offiziere ziehen ihre Gala-Uniformen oder ihre gold- und silberbestickten Kleider an. Die französischen Ambassadoren und ihre Offiziere hingegen tragen, wie schon während des ganzen Kongresses, dunkles Schwarz. Dies ist das Zeichen der Trauer für den vor vier Monaten, am 4. Mai 1714, an den Folgen eines Jagdunfalls verstorbenen Charles de Bourbon, Herzog von Berry (27). Charles war ein Enkel von Ludwig XIV. und wäre als Regent für den minderjährigen künftigen König in Frage gekommen.

6.9.14

Französische Küche im Paradies

Nachdem nun alle miteinander bekannt sind und sich besucht haben, kommen die Parteien auch zum Essen zusammen. Im Paradies lässt der Seigneur de Saint-Contest ein herrliches Diner richten und bewirtet den Prinzen, den Marschall de Villars, die Grafen du Luc und von Seilern sowie einige Damen. Saint-Contest lässt den Prinzen in einem kostbaren Tragsessel von eigenen Bediensteten abholen und unter Fackeln zu seiner Residenz führen.

Zeit für Visiten und Gegenvisiten

Nach den ausgiebigen Mittagsmählern werden die diplomatischen Höflichkeiten ausgetauscht. So lässt sich de Villars in einem Tragsessel zum Grafen von Seilern tragen, um ihm eine Visite abzulegen. Umgekehrt treffen sich auch die französischen Gesandten mit Prinz Eugen.

Öffentlich zelebriertes Festessen im Roten Turm

Nach der Konferenz im Bernerhaus geleitet Marschall de Villars den Prinzen Eugen zur Hauspforte. Dieser verfügt sich zum Mittagessen in den Roten Turm. Bei der Tafel sind verschiedene Generäle und Gesandte anwesend. 18 Speisen stehen auf dem Tisch. Es ist ein öffentlich zur Schau getragenes Essen, und vor dem Roten Turm läuft das Volk zusammen. Es will den Prinzen sehen und einen Blick auf die Tafel erhaschen. Tatsächlich werden einige Leute hereingelassen. Aber das Tafelzimmer ist eng, sodass nur jene reinschauen können, die mit den Offizieren bei Hof bekannt sind. Im Nebenzimmer erhalten diese Besucher auch etwas zu essen und zu trinken.

Gegenvisite des Prinzen beim Marschall

Nach der Unterredung mit dem Prinzen besuchen von Goëss und von Seilern die heilige Messe in der Kapuzinerkirche und begeben sich danach zurück in ihre Residenzen. Mittlerweile ist es zehn Uhr vormittags geworden, Zeit für die Gegenvisite beim Franzosen. Eugen, Fürst von Savoyen und Piemont, Ritter des goldenen Vlieses und noch vieles mehr, wirft sich in Montur, lässt die Bediensteten in Livré vorausgehen, nach ihnen die Pagen, denen er folgt, hinter ihm die beiden kaiserlichen Botschafter, darauf eine Menge vornehmer Herren und Kavaliere, insbesondere alle, die vorher dem Prinzen in dessen Vorzimmer aufgewartet haben.
Vor dem Bernerhaus stehen französische Hofherren und Bedienstete, die dem Prinzen aufwarten. Marschall de Villars empfängt Eugen an der Treppe. Er begleitet ihn nicht etwa in das Audienzzimmer, wo das Porträt Ludwigs XIV. hängt, sondern in das daneben befindliche Schlafzimmer. Nach abgelegtem Kompliment halten die beiden höchsten Generäle dort drin eine geheime Konferenz, bei der auch die vier Hauptbevollmächtigten und die Legationssekretäre zugegen sind und die bis nach 12 Uhr dauert.

Alles in Gala

Dem Prinzen zur Ehre werfen sich die kaiserlichen Botschafter von Goëss und von Seilern in ihre kostbarsten Gewänder. Um acht Uhr sprechen sie in der Residenz des Prinzen vor den Toren der Stadt vor und halten sich eine Zeit lang mit ihrer hochfürstlichen Durchlaucht in deren Kabinett auf. Im Vorzimmer sammeln sich Fürsten, Grafen, Freiherren, hohe Generäle und andere vornehme Herren, die alle in Gold und Silber aufziehen.

5.9.14

Prinz Eugen speist im Wilden Mann

Eine Stunde nach dem Zusammentreffen der beiden Generalbevollmächtigten holen Bedienstete und einige kaiserliche Offiziere den Prinzen im Schnorff’schen Sommerhaus ab und führen ihn unter leuchtenden Fackeln zur Residenz des Grafen von Goëss im Wilden Mann. Dort nimmt er inmitten der kaiserlichen Ambassadoren und Generäle das mit 16 Speisen angerichtete Nachtessen ein, während der Marschall de Villars bei Graf du Luc im Bernerhaus speist. Das Nachtessen im Wilden Mann dauert bis elf Uhr, dann wird der Prinz in seine Residenz zurückbegleitet. Ein langer Tag geht zu Ende.

Die Stadt im Fackelmeer

Kurz nach der Ankunft des Marschalls kommt der junge Graf du Luc mit dem Befehl, alle französischen Offiziere und Bediensteten hätten sich bereit zu halten und sich mit Fackeln zu versehen. Der Marschall wolle heute noch dem Prinzen eine Visite machen.
Das zieht das Volk vors Bernerhaus, und auch die Kaiserlichen erhalten Nachricht davon. Auch sie lassen alle Bediensteten vor dem Mellingertor mit brennenden Fackeln aufstellen. Die Bediensteten des Grafen von Seilern tragen die neue Livré. Diese ist von gutem weissen Tuch, hat Silberborten um die Knopflöcher und ist auch um die Taschen und Aufschläge reich eingefasst. Die Knöpfe sind aus massivem Silber.

Durch den Spalier kaiserlicher Fackeln schreitet nun der Duc de Villars, Pair und Maréchal de France, General der königlichen Armeen in Deutschland, Ritter des königlichen Ordens, Gouverneur und Generalleutnant der Provence, mit einem ungemein grossen Gefolge von 300 Offizieren und vielen Bediensteten, diese ebenfalls mit Fackeln. Die Visite dauert eine Viertelstunde, worauf sich der ganze Zug zurück zum Bernerhaus bewegt.

Marschall de Villars Ankunft zweiter Klasse

Erst nach des Prinzen Eugen Einzug um fünf Uhr schicken die französischen Ambassadoren Kutschen und Pferde nach Brugg, dem Marschall de Villars entgegen. Als er nach 19 Uhr in Baden eintrifft, wird er vom Seigneur de Saint-Contest und von vielen Offizieren und Bediensteten vor dem Bruggertor empfangen. Er hat aber kein grosses Gefolge. Dieses besteht nur aus einigen Offizieren und Husaren. Die Fahrt durchs Bruggertor und in die Weite Gasse zieht zweifellos auch Schaulustige an, aber es ist nicht der gleich triumphale Empfang, wie er dem Prinzen Eugen zuteil geworden ist. Unter vielen leuchtenden Fackeln steigt de Villars beim Bernerhaus aus, wird von du Luc empfangen und in sein Zimmer geleitet. Eine Sonderresidenz ist für ihn nicht verfügbar, nur für den Prinzen Eugen.

Triumphfahrt des Prinzen durch die Stadt

Um 17 Uhr zieht Prinz Eugen in Baden ein. Er sitzt in der neuen Kutsche des Grafen von Seilern, weitere Kutschen folgen. Der Weg führt über die Holzbrücke, die Halde hinauf in die Rathausgasse, wo schon das Volk steht und dem berühmten und auch in der Eidgenossenschaft geachteten Kriegshelden zujubelt. Beim Löwen und beim Bruggertor vorbei, durch eine unübersehbare Volksmenge, biegt die Kutsche in die enge Mittlere Gasse ein und fährt dann über den Cordulaplatz durchs Mellingertor und vor des Schultheissen Sommerhaus. Der grossartigste Umzug, den Baden gesehen hat!

Prinz Eugen steigt beim Schnorff’schen Sommerhaus aus und wird vom Grafen von Goëss und vom Legationssekretär Penterriedter sowie von Generälen und Offizieren empfangen. Ohne Verzug zieht er sich mit den beiden kaiserlichen Botschaftern in ein Zimmer zurück, vorbei am Vorzimmer, wo Grafen, Barone, Generäle und andere hohe Herren, auch einige Gesandte, ihm den Hof machen.

Alles auf der Gasse: Prinz Eugen ante portas

Nach der Mittagstafel, um vier Uhr, fährt Graf von Seilern in seiner Kutsche dem Prinzen Eugen entgegen. Einen Pagen und einen Bediensteten hat er zu Pferd dabei; jetzt braucht man berittene Boten, die nach Osten und nach Westen mitteilen können, wie weit von der Stadt entfernt der Prinz und der französische Marschall schon sind. Prinz Eugen, der Fürst von Geblüt, fühlt sich nicht zurückgesetzt, wenn er als Erster eintrifft. Er lässt dem Franzosen den kleinen Triumph. Und er ist sich eines grossartigen Empfangs sicher: Jetzt ist in Baden alles auf der Gasse. Das Kongressvolk und die Bevölkerung stehen dichtgedrängt vom Bruggertor durch die ganze Mittlere Gasse bis zum Schnorff’schen Sommerhaus, wo Prinz Eugen residieren wird.

Mittagessen in angespannter Erwartungshaltung

In Ermangelung eines Kurznachrichtendienstes, der zeitnah mitteilen könnte, wie weit von Baden entfernt Prinz Eugen noch ist, setzt man sich zum Mittagessen. Im Roten Turm bei Graf von Seilern speisen die kaiserlichen Generäle: der Herzog von Arenberg (24), die Fürsten von Ligne (28 und 29), Hieronymus von Erlach (47, Schwiegersohn des Berner Schultheissen), Graf von der Mark (34). Von Seilern befiehlt, seinen neuen Wagen und die sechs Rappen mit dem sauberen Geschirr bereit zu halten.

Prinz Eugen in Schaffhausen mit Salut empfangen

Mit sechs Postkutschen trifft in der Früh Prinz Eugen in Schaffhausen ein. Die Geschütze auf dem Munot schiessen Salut, die Bürgerschaft steht im Gewehr auf den Gassen, und der städtische Rat heisst den Prinzen willkommen. Prinz Eugen ist liebenswürdig wie immer, doch lässt er nur die sechs mal sechs Pferde wechseln und setzt schleunigst seine Reise nach Baden fort.

Derweil befiehlt um sieben Uhr morgens in Baden der General von Falckenstein (84), seine Kutsche mit sechs Pferden fertig zu halten. Gleich darauf fährt er mit einem weiteren General und vier zusätzlichen Pferden dem Prinzen Eugen entgegen.

4.9.14

Poker um die erste Ankunft

Marschall de Villars, der für den französischen König Ludwig XIV. den Friedensvertrag unterzeichnen soll, ist inzwischen in Brugg eingetroffen. Dort bleibt er, denn er fühlte sich gegenüber Prinz Eugen zurückgesetzt, wenn er zuerst in Baden einträfe. Es ist ein Spiel um Rang und Ansehen. Damit der Marschall im Roten Haus zu Brugg nicht darben muss, wird er von Baden aus mit Speis und Trank versorgt.

Nach zehn Uhr vormittags reitet der junge Graf von Goëss (15) nebst einem Offizier und einem Bediensteten mit der Post nach Schaffhausen, um Prinz Eugen dort zu empfangen und nach Baden zu geleiten. Entgegen früherer Nachricht ist erst für morgen mit der Ankunft des Prinzen in Baden zu rechnen. In der Nacht wird noch eine Stafette von Begleitpersonal von Baden nach Schaffhausen geschickt.

3.9.14

Ankunft des Prinzen Eugen bereits morgen?

Heute trifft ein Kurier ein, der die Ankunft ihrer hochfürstlichen Durchlaucht, des Prinzen Eugen, auf morgen Dienstag, den 4. September, in Aussicht stellt. In Schaffhausen sollen für den Prinzen 36 Postpferde bestellt worden sein.

Die Nachricht wird mit Freude, aber auch mit Gelassenheit zur Kenntnis genommen: Das diplomatische Personal tafelt mittags und abends eifrig und in wechselnder Zusammensetzung, macht Besuche und wohnt der Komödie im Schützenhaus bei.

2.9.14

Entspannte Atmosphäre

Das Zelt im Garten des Schnorff’schen Sommerhauses kann man offenbar mieten. Heute ist der Monseigneur Passionei (32), der päpstliche Gesandte, Gastgeber. Wir wüssten zu gern, wer den Auftrag für das Catering bekommen hat. Es ist ja kaum anzunehmen, dass die Haushälterin des Pfarrers, wo Passionei eine Kammer belegt, die feine Gesellschaft im Zelt bekocht. Verschiedene hohe Kongressbesucher findet man abends im Theater, während von Goëss und Saint-Contest sowie weitere Gesandte im Kapuzinergarten lustwandeln.

1.9.14

Vielleicht sogar Freundschaft

Da sich die Vertragsparteien nun geeinigt haben, kann man freundschaftlicher miteinander umgehen. Ein Ausdruck davon ist es, dass die kaiserlichen Exzellenzen sich heute nicht die Messe in der Stadtkirche lesen lassen, sondern sich samt ihrem Kaplan dazu in die Kapuzinerkirche verfügen, wo normalerweise die Franzosen niederknieen. Und es scheint fast, dass die beiden jüngeren Hauptbevollmächtigten beider Vertragsparteien, Saint-Contest (46) und von Seilern (39), einander gut mögen. Es kommt nun schon zum wiederholten Mal vor, dass gerade diese beiden sich zum Essen zusammensetzen.

Zu vermelden ist auch, dass der glücklose Herzog von Montbéliard, der am Kongress nichts erreicht hat und am 14. August abgereist ist, heute wieder in Baden eintrifft. Hat er seine Zahnbürste vergessen? Nein, im Ernst: Das Spektakel, das sich mit der Ankunft der beiden Kontrahenten Prinz Eugen und Marschall de Villars ankündigt, ist zu attraktiv, um fernzubleiben. Besonders wenn man sich erhofft, doch noch das eine oder andere Ohr für eigene Angelegenheiten zu finden.

31.8.14

Die Unterzeichnung des Friedens wird vorbereitet

Heute sind Aktivitäten im Gang, die ganz eindeutig dazu dienen, die Ankunft des Prinzen Eugen und das genaue diplomatische Protokoll zu besprechen, das rund um die Unterzeichnung des Friedensvertrags in Anwendung kommen soll. Von Seilern bespricht sich ausführlich mit von Goëss, und beide empfangen nacheinander die beiden jungen Fürsten von Ligne (28 und 29), die vorgestern eingetroffen sind und als hohe Militärs quasi die Vorhut des Prinzen Eugen darstellen. Der Empfang ist, obwohl sie aus dem eigenen Lager stammen, förmlich: Von Seilern empfängt sie oben an der Treppe und geht mit ihnen ins Audienzzimmer.

30.8.14

Letzte Retouchen am Friedensvertrag

Von Wien und Paris sind inzwischen die Kuriere des Friedensvertrags wieder in Baden eingetroffen und haben aus den Hauptstädten Instruktionen mitgebracht. Es wird nicht bekannt, ob am Vertrag nun noch letzte Korrekturen angebracht werden oder ob es allein darum geht, das Prozedere der Unterzeichnung zu besprechen. Jedenfalls treffen sich heute die kaiserlichen und französischen Bevollmächtigten von neun bis elf Uhr auf dem Rathaus zur Konferenz. Danach folgt der übliche Besuch der heiligen Messe.

In der Wiese hinter dem Sommerhaus des Schultheissen Schnorff, das sich vor dem Mellingertor befindet, hat man ein Zelt aufgestellt. Dort speist der Seigneur de Saint-Contest mit seinen Damen zu Mittag. Nach vier Uhr nachmittags kommen die kaiserlichen Exzellenzen hinzu. Man unterhält sich bis zur einfallenden Nacht – ein schöner Sommernachmittag, auf den ein Nachtessen folgt: Von Seilern speist bei Saint-Contest.

29.8.14

Prinz Eugen endlich unterwegs

Heute kommen die beiden Fürsten Claudius (29) und Ferdinand (28) von Ligne und Amblise in Baden an. Sie sind die ersten Vorboten Prinz Eugens, vor elf Tagen in Wien abgereist. Sie nehmen Quartier im Gasthof zum Engel, neben dem Bruggertor.

Endlich soll heute auch Prinz Eugen, der römischen kaiserlichen und königlichen katholischen Majestät wirklich geheimer Rat, Hofkriegsratspräsident, Generalleutnant, des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation Reichsfeldmarschall und so weiter und so weiter, Wien mit der Post verlassen haben, um nach Baden zu kommen und die Generalfriedenshandlung vorzunehmen. Man rechnet damit, dass Prinz Eugen in etwa einer Woche in der Kongressstadt eintreffen wird.
Es ist heute des Chronisten Hochzeitstag. Danke für diese Nachricht, auf die wir so lange gewartet haben!

28.8.14

Marschall de Villars nähert sich Baden

Schon bald seit vier Wochen wird jetzt keine Konferenz mehr gehalten. Alles wartet auf die Ankunft der zwei hohen Generäle, die das Friedenswerk unterzeichnen sollen. Der französische Bevollmächtigte, Marschall de Villars (61), soll sich vor einigen Tagen von Paris aus zu seinem Schloss Vaux-le-Vicomte begeben haben. Dieses Landgut liegt südöstlich von Paris, noch 500 Kilometer von Baden entfernt. Doch von dort aus habe de Villars die Reise nach Baden angetreten und sei in der Nacht auf heute in der französischen Festungsstadt Hüningen angelangt. Das ist vor den Toren Basels – noch 70 Kilometer bis Baden. Dort wahrt er Abstand; er will keinesfalls lange vor Prinz Eugen eintreffen.

27.8.14

Eine Flasche Wein ist schäbig; man bringe acht Saum!

Neben dem Herzog von St. Pierre und dem päpstlichen Gesandten Passionei sind fünf Franzosen heute Mittag bei Graf von Seilern zu Gast, darunter einer, der als der «disgracierte Poet» bezeichnet wird. Es handelt sich um Jean-Baptiste Rousseau (43), der nicht mit seinem jüngeren Namensvetter Jean-Jacques (erst gerade 2 Jahre alt) verwechselt werden darf. Jean-Baptiste Rousseau ist einer der besten französischen Lyriker seiner Zeit. Aber eben: er beschmutzt andere in seinen Gedichten, seine Spottverse sind gefürchtet.

Spektakulär das Geschenk, das der Markgraf von Baden-Durlach heute dem Grafen von Seilern macht: ein ganzes Fuder weissen und roten Markgräfler Weins, acht Saum, das sind so um die tausend Liter!

26.8.14

Glieder gut, Hirn schlecht

Heute trifft aus London eine neun Tage alte Zeitung ein, aus der hervorgeht, dass der Leichnam der Königin Anna geöffnet und einbalsamiert worden sei. Die Glieder des Leibs seien noch für sehr gut, das Hirn aber für schlecht befunden worden. Die Eingeweide seien am 16. August in der Kapelle König Heinrichs VII. in der Westminster Abtei beigesetzt worden.

25.8.14

Der Namenstag des Sonnenkönigs

Heute regnet es nur einmal. Der Einbruch des Herbsts, Ende des Badenfahrt-Wetters, kennen wir! Aber die Franzosen sind in Festlaune: Ihr König Ludwig XIV. hat Namenstag. Trompetenspiel schon am frühen Morgen. Die Lakaien ziehen alle mit neuer, properer Montur auf. Um elf Uhr reihen sich 36 von ihnen ein vor dem Bernerhaus, an die Spitze des Zugs, gefolgt von jungen Edelknaben. Dann die hohen königlichen Gesandten, Comte du Luc und Monsieur de Saint-Contest, in farbigen Kleidern, begleitet von den Fürsten von Auvergne und Castiglione, dann weitere Gesandte und eine Menge Offiziere. In dieser Formation ziehen sie zur Kapuzinerkirche, wo auf dem Hochaltar dreissig Wachskerzen brennen und der heilige Ludwig vom Altarblatt grüsst.
Um ein Uhr zurück im Bernerhaus, beginnt das prächtige Gastmahl. Ein Hauptmann aus dem Waadtland, der die Tochter des ehemaligen Landvogts Thormann angemacht hat, pöbelt gegen den jungen Grafen du Luc, aber der Zwischenfall wird von den Anwesenden abtempiert, indem sie allesamt von der Tafel aufstehen. Die Damen lassen sich darauf ins Theater tragen. Einige fahren in den Kutschen, ihnen folgt der ganze Hof. Die Komödie beginnt um 19 und dauert bis 22 Uhr.
Nach dem Theater startet bei Monsieur de Saint-Contest im Paradies ein Ball, und um Mitternacht geht dieser über in ein erneutes vornehmes Gastmahl. Erst um vier Uhr morgens geht die hohe Gesellschaft auseinander.

24.8.14

Widersprüchliche Berichterstattung

Heute sei der Abt von St. Blasien in Baden eingetroffen, erfährt man. Doch warum sollte Hochwürden drei Tage nach dem Besuch vom 21. nochmals kommen und erneut von Seilern zum Mittagsmahl eingeladen werden, ohne dass der Grund genannt, vermutet oder wenigstens ein Wörtchen wie «wiederum» hinzugegeben wird? Und warum wird berichtet, von Goëss, bei dem der Abt als Erstes sein Kompliment abgelegt habe, sei jüngst von einer Wallfahrt nach Maria Einsiedeln zurückgekommen, wo doch von Göess gestern bei der geheimen Unterredung im Kapuzinergarten war? Hingegen ist bereits am 20. berichtet worden, Goëss sei früh um sechs Uhr mit seinem Sohn und einigen Offizieren nach dem Wallfahrtsort abgereist. Da wird er doch wohl am gleichen Tag oder spätestens am 21. zurückgekommen sein.

Sind dem Tagebuchschreiber die Ereignisse oder die Tage ein wenig durcheinander gekommen? Können wir alles präzis so glauben, wie es uns berichtet wird? Oder müssen wir halt auch mal eine Fehleinschätzung oder einen kleinen Fehler in der Datierung hinnehmen?

23.8.14

Nachricht aus Wien: Ein neues Problem?

Mit der Post trifft heute ein Extrakurier von Wien ein, der sofort zu Graf von Goëss in den Wilden Mann eilt, wohin sich auch Graf von Seilern unverzüglich begibt. Daraufhin, so wird beobachtet, treffen sich die beiden Kaiserlichen mit dem Franzosen Saint-Contest im Kapuzinergarten und halten mit ihm über eine Stunde lang eine geheime Unterredung.

Niemand weiss, aber alle mutmassen, was hier an schlechter oder schwieriger Nachricht wohl eingelangt sein mag. Eine Unstimmigkeit im Vertrag? Eine zeitliche Verzögerung? Eine Forderung Wiens bezüglich der Formalitäten, die der Zustimmung der Franzosen bedarf? Nichtsdestotrotz begeben sich derweil die Französinnen, von vornehmen Kavalieren begleitet, ins «Commoedi-Hauss» auf dem Theaterplatz.

22.8.14

Die Vorläufer von Prinz Eugen unterwegs nach Baden

In Baden wartet man sehnlichst auf Nachrichten aus Wien. Wann endlich reist Prinz Eugen ab, um den Frieden zu unterzeichnen? Noch ist von Durchlaucht nichts zu vernehmen. Statt ihm, so hört man heute, haben aber zwei junge, hohe Militärs aus seinem Gefolge die Reise von Wien nach Baden angetreten, die beiden Fürsten von Ligne und Amblise. Sie gehören zum kaisertreuen belgischen Hochadel und haben sich im vergangenen Krieg militärisch ausgezeichnet. Claudius ist 29, sein Bruder Ferdinand 28 Jahre alt.

21.8.14

Der Abt von St. Blasien auf Besuch

Heute macht der Abt des mächtigen Benediktinerklosters St. Blasien, Augustinus Fink (ca. 62), einen Besuch in Baden. Das im Schwarzwald liegende Kloster ist auch in unserer Gegend reich begütert. Es ist in zahlreichen umliegenden Ortschaften Grundherr und Inhaber anderer Rechte. In Kirchdorf beispielsweise richtet es über Diebstähle und andere Delikte (Niedere Gerichtsbarkeit), bezieht den Zehnten und setzt den Pfarrer ein. Es ist mit den Propsteien Klingnau und Wislikofen auch physisch in der Grafschaft Baden präsent. Abt Augustinus hat sich im vergangenen Krieg zweimal mit Mitbrüdern in Wislikofen in Sicherheit bringen müssen.
Nach der Mittagstafel beim kaiserlichen Gesandten von Seilern reist Abt Augustinus mit dem Propst und dem Hofkaplan nach Klingnau ab. Er wird von Seilern mit einer von sechs Rappen gezogenen Kutsche in die Bäder geführt und besteigt dort das Schiff.

Abends unternehmen die Franzosen unter der Führung von Saint-Contest einen Ausflug aufs Wettinger Feld, in zwei Kutschen und mit Sänften. Nach knapp drei Stunden kehren sie um acht Uhr noch beim Herzog von St. Pierre ein.

20.8.14

Königin Anna verstorben

Heute läuft in Baden die Nachricht ein, dass am 12. August morgens zwischen sieben und acht Uhr Königin Anna von Grossbritannien in ihrem 50. Lebensjahr verstorben ist. Als man vor sieben Tagen in Baden von ihrem Schlaganfall vernommen hat, war sie also bereits seit einem Tag tot. So lange dauert es, bis umwälzende Neuigkeiten (engl.: breaking news) von London nach Baden übermittelt sind.

Anna stirbt ohne direkte Nachkommen, sie ist die letzte Königin aus dem Hause Stuart. Ober- und Unterhaus treten zusammen und nehmen Kenntnis von der früher beschlossenen Parlamentsakte, wonach der Kurfürst von Hannover, der Welfe Georg aus dem Haus Braunschweig-Lüneburg, ihr auf dem Thron nachfolgt.

19.8.14

Das Tägerhard: ein neuer Festort mit Potenzial

Am heutigen strahlend schönen Sonntag geben die französischen Gesandten eine Freiluftparty im Tägerhard. Die Bediensteten haben viel Arbeit damit gehabt und im Wald eine Tafel eingerichtet, die mit unterschiedlichen köstlichen kalten Speisen ausgestattet ist. Nachmittags um zwei begibt sich die Crème de la Crème in ihren Kutschen und zu Pferd nach Wettingen. Die Bauern aus mehreren umliegenden Dörfern laufen zusammen, um sich dieses Spektakel anzuschauen.

Dieser Ort, das Tägerhard, hat wahrhaftig das Potenzial, um Feste zu feiern! Die noblen Damen und Herren haben mächtig Spass und bleiben bis acht Uhr abends. Unter hell leuchtenden Fackeln besteigen sie wieder ihre Kutschen und fahren zurück. Bei Saint-Contest im Paradies gibts für einen Teil der Gesellschaft noch einen Absacker.

18.8.14

Alles bereit in Prinz Eugens Unterkunft?

In den letzten Tagen ist im Sommerhaus des Schultheissen Schnorff vor dem Mellingertor die Unterkunft für Prinz Eugen von Savoyen hergerichtet worden, der bald erwartet wird, um den Frieden für den Kaiser zu unterzeichnen. Von Seilern und der Sekretär der kaiserlichen Delegation, Penterriedter, besichtigen die Vorbereitungen und kehren danach im «Paradies» bei Saint-Contest ein.

17.8.14

Die evangelischen Gesandten enttäuscht

Der Baden-Durlachische Gesandte reist heute ab. Er ist enttäuscht wie alle evangelischen Gesandten. Sie wollten die sogenannte Religionsklausel abgeschafft haben. Mit dieser Klausel in einem vorangegangenen Friedenswerk, dem Rijswijker Frieden von 1697, hatte sich der französische König nur bereit erklärt, besetzte Gebiete zurückzugeben, wenn sie katholisch blieben. Den Katholizismus in diesen evangelischen Gebieten hatte er vorher mit Gewalt eingeführt. Im Frieden von Baden wird nun diese Religionsklausel in Artikel 3 bestätigt. Gehör haben die evangelischen Gesandten weder bei Frankreich noch bei den Kaiserlichen gefunden.

16.8.14

Fast jeden Tag ins Theater

Heute haben die Köche von Graf von Seilern wieder viel zu tun: Durch seine Pagen lässt Exzellenz wiederum eine grosse Schar hochkarätiger Gäste zur Mittagstafel bitten. Die anwesenden Damen beginnen nach der Mahlzeit mit dem Kartenspiel, einige Herren machen mit. Sodann lassen sich die Damen in ihren Tragsesseln die wenigen Schritte zum Schützenhaus auf der Schanze vor dem Bruggertor bringen. Im dortigen Theatersaal wird jeden Tag eine Komödie gegeben, der jeweils fast der ganze Kongress beiwohnt. Von Seilern lässt in der Rathausgasse anspannen, sechsspännig natürlich, und fährt durch das Bruggertor ebenfalls auf den Theaterplatz, um dem Schauspiel beizuwohnen.

15.8.14

Von Seilern eilt von Tafel zu Tafel

Die gräflichen Exzellenzen von Seilern und von Trauttmansdorff speisen heute Mittag wiederum bei von Goëss im Wilden Mann. Trauttmansdorff trifft danach noch einige andere Gesandte und wird dann von Seilern in der Kutsche zur Schifflände in den Bädern gebracht, von wo er sich auf der Limmat nach Waldshut führen lässt. Abends ist von Seilern bei Saint-Contest zu Gast.

14.8.14

Der Herzog von Montbéliard reist unverrichteter Dinge ab

Man erfährt, dass der Herzog von Württemberg-Mömpelgard enttäuscht ist, dass auch er auf dem Kongress nichts für sein kleines, von Frankreich völlig umgebenes Territorium hat erreichen können. Er reist ab, und man rechnet nicht damit, dass er wieder kommt.
Mittags kommt es zum Fünf-Gesandten-Mahl bei von Goëss, wo erstmals die vier Hauptbevollmächtigten mit dem Grafen von Trauttmansdorff, dem Gesandten des Kaisers bei der Eidgenossenschaft, zusammentreffen. Dieser ist vor drei Tagen angereist und nun, nach verschiedenen eintägigen Kurzbesuchen, erstmals mehrere Tage in Baden geblieben.

Um fünf Uhr abends unternehmen die französischen Damen in ihren Karossen eine Spazierfahrt ins Tägerhard, wo sie sich unter dem angenehmen Schatten der Waldbäume verlustieren.

13.8.14

Die Königin von Grossbritannien zwischen Leben und Tod

Aus England trifft heute die Nachricht in Baden ein, dass die britische Königin Anna von einem Schlaganfall heimgesucht worden ist. Anna Stuart (49) ist Staatsoberhaupt von Grossbritannien, das erst vor sieben Jahren aus dem Zusammenschluss von England und Schottland entstanden ist.
Grossbritannien war im vergangenen Krieg bemüht, den Einfluss Frankreichs einzudämmen, hielt also eher zum Kaiser. Darum erweckt es Aufsehen, dass ihr Leben jetzt, wo der Friedensvertrag noch nicht unterzeichnet ist, an einem seidenen Faden hängt.
Sie habe durch den Schlaganfall die Sprache verloren. Man habe ihr Tinktur aus pulverisierten Spanischen Fliegen appliziert und sie zudem am Kopf und zwischen den Schultern geschröpft. Aber nach kurzer Besserung habe sich ihr Gesundheitszustand erneut verschlechtert. Deshalb seien Ober- und Unterhaus zusammengerufen, die Seehäfen geschlossen und die Stadtmiliz in London bewaffnet worden, um allem allfälligen Aufruhr bei ihrem Ableben entgegenzutreten.

12.8.14

Hochkarätiger Mittagstisch im Roten Turm

Die Gäste, die heute Mittag in von Seilerns Residenz verköstigt werden, haben klingende Namen: Es sind der Herzog von Montbéliard, Graf von Trauttmansdorff, der Prinz von Hessen-Rheinfels, Graf von Goëss, sein Sohn, der Württembergische Gesandte und der kaiserliche Geheimsekretär auf dem Kongress, Penterriedter. Was will man jetzt, wo der Friede ausgehandelt ist, noch tun als essen, essen, essen?

11.8.14

Etwas Kleindiplomatie

Der jüngst angekommene zweite schwedische Gesandte, Erik Axelson Freiherr von Sparre (49), stattet heute den Hauptbevollmächtigten seinen Antrittsbesuch ab. Der Württembergische Gesandte erhält derweil zwischen 10 und 11 Uhr bei Graf von Seilern Audienz. Graf von Trauttmansdorff, der kaiserliche Gesandte für die Eidgenossenschaft, trifft wiederum von Waldshut in Baden ein und nimmt zusammen mit Seilern bei von Goëss das Mittagsmahl ein.

10.8.14

Der Herzog von Montbéliard kommt zu spät

Noch ein später Ankömmling, ein Prominenter: Herzog Leopold Eberhard (44) kommt höchstpersönlich von Montbéliard nach Baden, um zu retten, was seine drei Gesandten nicht hinbekommen haben. Das Herzogtum Württemberg-Mömpelgard ist ein Restbesitz, umgeben von französischem Territorium, das von einer Nebenlinie der Stuttgarter Herzöge regiert wird. Es war ein Aufmarschgebiet im soeben zu Ende gegangenen Krieg. Der Herzog kämpft um die Restitution seines vollständigen Besitzes. Er wird zwar von Seilern und von Goëss empfangen, aber er kommt zu spät und richtet nichts mehr aus.

Verschiedene Ausfahrten werden heute Abend unternommen: Die Damen du Luc und Martinville lassen sich in Sänften aufs Wettinger Feld tragen, während Saint-Contest mit seiner Frau, dem jungen Marquis du Luc und einem Ritter des Deutschen Ordens eine Ausfahrt in sechsspänniger Kutsche unternimmt.

9.8.14

Verspätete Gesandte

Man glaubt es nicht, aber es kommen immer noch Gesandte an, obwohl der Friedensvertrag unterwegs nach Wien und Paris ist. Während der Gesandte von Hessen-Darmstadt schon gestern abgereist ist, ist gleichentags der Vertreter des Schwäbischen Kreises, einer der Gebietskörperschaften des Reichs, eingetroffen. Es handelt sich um Johann Wilhelm Freiherr Schenck von Stauffenberg (62), den älteren Bruder des Fürstbischofs von Konstanz, der von Meersburg am Bodensee angereist ist und im «Engel» direkt neben dem Bruggertor Quartier bezogen hat. Heute kommt noch ein zweiter schwedischer Gesandter an. Er übernimmt im Haus zum Pflug an der Weiten Gasse die Unterkunft, die bis gestern der Gesandte von Hessen-Darmstadt benützt hat.

8.8.14

Warten und Essen

Jetzt, wo es kaum noch etwas zu besprechen gibt, kann nur noch vom Essen und von den Belustigungen der Kongressteilnehmer berichtet werden. Eine bunte Reihe verschiedener Gesandter isst im Roten Turm zu Mittag, 15 an der Zahl. Zum Nachtessen lässt Graf du Luc den Herzog von St. Pierre und seine Gemahlin mit Fackeln und Tragsesseln abholen. Das ist eine besondere Ehrerbietung an einen diplomatisch unwichtigen, aber von seiner Abstammung her hochstehenden Gast. Die beiden könnten gut zu Fuss gehen; die Distanz von ihrer Unterkunft zum Bernerhaus beträgt keine hundert Meter.

7.8.14

Der Friedensvertrag auf der Post nach Wien

Es täuscht nicht: Das Friedenswerk ist fertig. Gestern war gar nichts zu melden, und heute Dienstag wird nicht mal mehr Konferenz gehalten. Um ein Uhr mittags verlässt der Diener, der bei Graf von Goëss jeweils die Tafel deckt, mit der letzten Post die Stadt Baden als Extrakurier nach Wien. Bei sich im Gepäck: das versiegelte Instrumentum pacis, also der lateinische abgefasste Friedensvertrag, adressiert an Prinz Eugen von Savoyen (51). Der in Frankreich aufgewachsene Hochadlige und ruhmreiche Feldherr im Dienst des Kaisers sitzt im Zentrum der kaiserlichen Politik; er präsidiert den Hofkriegsrat und die Geheime Staatskonferenz. Er wird das Friedenswerk vom Kurier entgegennehmen und Ihrer Kaiserlichen Majestät überreichen. Der Kaiser wird, so ist zu erwarten, danach Prinz Eugen die Order erteilen, nach Baden abzureisen und dort den Vertrag zu unterzeichnen. Man hofft auf die Ankunft von Prinz Eugen zu Ende des Monats August.

Bis dahin ist Warten angesagt, und Warten kann man am besten, wenn man sich gut unterhält. So lädt der jugendliche Gesandte des Papstes, Domenico Passionei (32), heute du Luc und andere Gesandte zum Mittagsmahl ins Kloster Wettingen ein, während bei von Goëss im Wilden Mann ein anderes Bankett stattfindet.

5.8.14

Privataudienzen bei Graf von Seilern

Im Roten Turm geben sich die Diplomaten die Klinke in die Hand: Nachmittags ist der Herzog von St. Pierre über eine Stunde bei Graf von Seilern und bespricht mit ihm seine Geschäfte. Danach gewährt Seilern dem Gesandten des Fürstbistums Hildesheim eine Audienz. Hier geht es eigentlich um Politik für das bayrische Haus Wittelsbach. Dieses hat eine ganze Reihe von deutschen Fürstbistümern unter seinen Fittichen, darunter auch das Hochstift Hildesheim. Es geht um nicht weniger als um die Restitution des Hochstifts an den wittelsbachischen Landesherrn und Fürstbischof. Der junge Gesandte, Ernst Friedrich Freiherr Twickel (31), entstammt westfälischem Adel und ist seit dem jugendlichen Alter von 25 Jahren Domherr in Hildesheim.

4.8.14

Nicht mehr viel zu tun für den Friedensvertrag?

Auffällig wenig ist zu vermelden: gestern gar nichts und heute Samstag nur gerade eine Spazierfahrt der französischen Damen nach Wettingen, der sich Graf von Seilern anschliesst. Ein Stafettenkurier von Wien langt bei den kaiserlichen Botschaftern ein, und, wie samstags üblich, ist morgens Konferenz gehalten worden. Sind wohl heute die letzten Schnörkel am Friedensvertrag angebracht worden?

2.8.14

80 Diplomaten in Baden

Heute um acht Uhr trifft der venezianische Botschafter ein. Mittlerweile sind rund 80 Diplomaten und viele hundert Angehörige und Bedienstete in Baden.

Um neun Uhr gehen die Hauptbevollmächtigten, wie gewöhnlich begleitet von Offizieren, Pagen und Lakaien, zur Konferenz auf dem Rathaus. Üblicherweise benützen die Kongressparteien dabei zwei verschiedene Eingänge des Rathauses: Die Kaiserlichen nehmen die Tür auf der Seite der Stadtkirche, die Franzosen jene in der Rathausgasse.

1.8.14

Diplomatie in den Residenzen

Bei du Luc nimmt Seilern heute das Mittagessen ein. Die beiden gehen von dort zu Saint-Contest ins «Paradies» und danach miteinander zu von Goëss in den «Wilden Mann».

31.7.14

Ein Bankett der Spitzenklasse

Nach der üblichen Konferenz lädt von Seilern die hochgestelltesten Persönlichkeiten des Kongresses zu einem Mittagsmahl besonderer Klasse. 36 Speisen werden zweimal aufgetragen. Und dann das Konfekt: Das Zuckerwerk präsentiert verschiedenste Blumen und Obst, sodass die Tafel einem wohlriechenden Blumengarten im Frühling gleicht. Zu trinken gibt es Tokajer Champagner, Rheinischen Wein, Burgunder, Moselwein, Tiroler und Markgräfler Wein. Um die hohen Gäste zu bedienen, sind über 80 Personen im Einsatz.

Um ein Uhr beginnt das Essen, um vier Uhr ist es beendet, und es schliesst sich ein Kartenspiel an. Von Seilern bittet die Gesellschaft, noch zum Nachtessen bei ihm zu bleiben. Doch die Herrschaften bringen keinen Bissen mehr hinunter und kehren um fünf Uhr nach Hause zurück.

30.7.14

300 Flaschen Tokajer aus Wien

Heute Morgen um neun Uhr kommt der Quartiermeister des Prinzen Eugen von Savoyen in Baden an. Der Prinz wird später anreisen, um für den Kaiser den Friedensvertrag zu unterzeichnen. Sein Quartiermeister wird für ihn im Sommerhaus des Schultheissen Schnorff, das vor den Stadtmauern neben dem Kapuzinerkloster liegt, die Zimmer einrichten. Der Quartiermeister hat die Bagage des Prinzen dabei. Sie enthält unter anderem 300 Flaschen Tokajer Wein.

29.7.14

Ein Kurier an den Papst

Der päpstliche Gesandte entsendet heute einen ausserordentlichen Kurier an den Papst. Von Seilern lässt sich von Saint-Contest zum Essen einladen.

28.7.14

Die lockere Stimmung im Kapuzinergarten

Heute ist morgens wiederum Konferenz auf dem Rathaus, aber es scheint, dass der Garten des Kapuzinerklosters doch der Ort sei, wo sich informeller und vielleicht auch besser verhandeln lässt. Jedenfalls treffen sich die vier Hauptbevollmächtigten abends wiederum dort, und dies nicht zum blossen Vergnügen!

27.7.14

Audienzen und Gegenaudienzen

Es geht so weiter: Von Seilern hat mittags immer sein Speisezimmer voll, diesmal mit dem General von Falkenstein, dem Geheimsekretär Penterriedter, den Württembergischen Gesandten, zwei Baronen von Schönau, dem Grafen von Welschberg und dem Gesandten des Fürsten von Meersburg.

Nachmittags besucht der Herzog von St. Pierre den Grafen von Seilern und hält mit ihm im Audienzzimmer ein langes Gespräch. Nachdem er in seine Unterkunft an der Weiten Gasse zurückgekehrt ist, besucht ihn der Graf du Luc.

26.7.14

Voll ausgefüllter Kongresstag

Morgens Konferenz auf dem Rathaus, mittags diplomatische Gespräche zu Tisch, nachmittags Audienz verschiedener Botschafter bei Graf von Seilern: Der Tag ist anstrengend.

Abends um sechs Uhr fahren Madame de Saint-Contest und die junge Marquise du Luc in einer und Monsieur de Saint-Contest in einer anderen Kutsche nach Wettingen spazieren. Der junge Graf du Luc folgt ihnen zu Pferd.

25.7.14

Die kaiserliche Post verspätet

Wird Wichtiges nach Wien gemeldet? Jedenfalls wird die kaiserliche Post, die üblicherweise mittwochs Baden verlässt, heute erst gegen vier Uhr losgeschickt.

Abends finden Gespräche im Kapuzinergarten und danach bei Saint-Contest im «Paradies» statt.

24.7.14

Casino in den Bädern

Von Seilern, Saint-Contest und die Damen, die meist mit von der Partie sind, verlustieren sich auch heute Abend wieder auf dem Lindenplatz hinter den Bädern. Während Saint-Contest spaziert, vergnügen sich die anderen mit Würfelspiel und Biribi. Das ist ein Glücksspiel, bei dem man auf eines von 36 nummerierten Feldern setzen muss. Zieht der Croupier die richtige Karte, gewinnt man das 32fache.

23.7.14

Diplomatie beim Essen und Spazieren

Wieder ein Tag mit vielen Unterhaltungen: Bei Seilern findet sich mittags eine sehr gemischte Tischrunde ein, der auch Geistliche aus der Region angehören, so der Propst von Klingnau und der Vikar in Kirchdorf, beides Benediktiner des hierzulande begüterten Schwarzwaldklosters St. Blasien.

Abends promenieren verschiedene Damen wieder auf der Matte beim Hinterhof und vergnügen sich mit Badener Würfeln. Derweil lässt sich um acht Uhr der Graf du Luc im Tragsessel zum Herzog von St. Pierre tragen, der nur einige Häuser weiter an der Weiten Gasse logiert. Auch Saint-Contest kommt dorthin, und schliesslich lädt das Ehepaar Saint-Contest den Herzog und seine Gemahlin zu sich zum Abendessen ein.

22.7.14

Der Friede offenbar kurz vor dem Ziel

Wie man erfährt, besteht ein weit gediehener Entwurf des Friedensvertrags, der in lateinischer Sprache ausgestellt wird. Gestern haben die kaiserlichen Bevollmächtigten ein Exemplar den französischen Gesandten übergeben. Der Vertrag soll weitestgehend dem Rastatter Präliminarfrieden folgen. Einige Artikel – es handle sich um den 12., den 15., den 30., den 32. und den 33. Artikel – seien noch strittig. Die Kaiserlichen wollen offenbar stur an dem in Rastatt Erzielten festhalten, die Franzosen hingegen zeigen sich den bayerischen Begehren gegenüber unzugänglich.

Man hofft, die Differenzen in den nächsten 14 Tagen auszuräumen. Zu diesem Bestrebungen gehört vermutlich, dass heute der bayrische Gesandte einen Kurier nach München abschickt, und die Botschafter Saint-Contest und Goëss wiederum auf einen Spaziergang beim Kapuzinerkloster zusammenkommen.

21.7.14

Abfuhr für die katholischen Eidgenossen

Seit dem eidgenössischen Konfessionskrieg von 1712 findet die Tagsatzung im reformierten Frauenfeld und nicht mehr im katholischen Baden statt. Nach der Abnahme der Jahresrechnung über die Gemeinen Herrschaften begeben sich die Tagsatzungsherren der katholischen Orte nach Baden. Sie wollen die Dominanz der katholischen Mächte auf dem Kongress dazu nutzen, ihren Besitzstand vor dem 1712er-Krieg wiederzugewinnen.

Aber die kaiserlichen Gesandten weisen die Anreisenden ab, angeblich, um die Reformierten nicht in Rage zu bringen, in Tat und Wahrheit aber, weil die katholische Innerschweiz über Militärpensionen nach wie vor mit Spanien verbandelt ist, das dem Kaiser eben verloren gegangen ist. Die Absage trifft ein, kurz bevor die Tagsatzungsherren die Stadt Baden erreichen. Immerhin werden einige von ihnen inkognito von du Luc empfangen. Doch letztlich ist auf dem Friedenskongress zu Baden von den katholischen Eidgenossen gar nichts zu erreichen.

20.7.14

Durchbruch im Kapuzinergarten?

Von Seilern lässt sich morgens von seinem Kollegen über die geheimen Gespräche vom Vorabend aufdatieren. Fast den ganzen Tag verbringen die beiden Kaiserlichen beieinander. Um sechs Uhr abends treffen sich die vier Hauptbevollmächtigten im Kapuzinergarten zu geheimen Gesprächen, die über eine Stunde dauern.

An die Öffentlichkeit dringt nichts von den Verhandlungen. Einzig weiss man gerüchtehalber, dass der von du Luc nach Paris geschickte Extrakurier heute beim König eingelangt ist und dass der Marschall de Villars, der später den Frieden für Frankreich unterzeichnen soll, verschiedene Male im königlichen Kabinett vorgesprochen haben soll.

19.7.14

Annäherung bei den Kapuzinern

Nach der Konferenz, die wie immer von neun bis elf Uhr dauert, begibt sich Seilern wie gewöhnlich in die Pfarrkirche, um der Messe seines Kaplans beizuwohnen. Sein Kollege von Goëss hingegen beginnt, um sieben Uhr morgens den Gottesdienst in der Kapuzinerkirche zu besuchen. Ein Zeichen der Annäherung an die Franzosen, die ebenfalls dort zur Messe gehen?
Seilern lässt wieder grossartig auftischen heute, 14 Speisen sind es, und die zehn Gäste werden ausschliesslich aus purem Silbergeschirr verköstigt.

Abends fährt Seilern mit seinem Hofstaat auf die Matte beim Hinterhof. Dort treffen auch andere Gesandte und deren Frauen ein. Eine Stunde lang unterhält man sich dort. Währenddessen erfolgen die wirklich wichtigen Gespräche im Kapuzinergarten: Dort befinden sich von Goëss, du Luc und Saint-Contest um Geheimes zu besprechen, bis die einfallende Nacht sie zur Rückkehr veranlasst.

18.7.14

Grosses Mittagessen im Kloster Wettingen

Der kölnische Gesandte, Freiherr Johann Friedrich Ignaz Karg Freiherr von Bebenburg (Ende 60) testet die Küche des Klosters Wettingen. Er lässt dort ein mehrstündiges Mittagsmahl richten, mit dem er verschiedene andere Diplomaten günstig stimmen will. Den jugendlichen päpstlichen Gesandten Passionei (32) lässt er in einer mit sechs Rappen bespannten Kutsche ins Kloster führen. Der französische Bevollmächtigte Saint-Contest, der bayrische Gesandte Johann Alois Freiherr von Malknecht, der Gesandte von Lüttich und andere kommen in ihren eigenen Gefährten.

Nach 19 Uhr begeben sich die kaiserlichen Botschafter auf die Wiese in der Pfaffechappe. Saint-Contest folgt ihnen. Sie unterhalten sich dort auf ungezwungene Weise eine Weile.

17.7.14

Spinola auf Visite

Der gestern angekommene Herzog von St. Pierre legt bei den kaiserlichen Bevollmächtigten seine Visite ab.

16.7.14

Italienischer Kleinfürst mit grossem Hofstaat

Im Weissen Kreuz an der Weiten Gasse ist heute Franz Maria Spinola, Herzog zu St. Pierre, abgestiegen. Er stammt aus einem der grossen Geschlechter Genuas und vertritt seine eigenen Interessen, eines kleinen Territoriums in Oberitalien. Begleitet sind er und seine Frau von einem für seine Bedeutung übertriebenen Hofstaat, mehreren Offizieren und Bediensteten.

15.7.14

Der päpstliche Gesandte macht seine Visiten

Der Vertreter des Papstes, Domenico Passionei, macht heute seine Visiten bei den kaiserlichen Bevollmächtigten. Diese empfangen ihn eher kühl, denn instruktionsgemäss stellt sich Passionei gegen eine Ausdehnung habsburgischer Macht auf der italienischen Halbinsel.

14.7.14

Der Botschafter des Papstes steigt im Pfarrhaus ab

Heute ist der Gesandte des Heiligen Stuhls in Baden eingetroffen. Domenico Passionei (32) lässt sich von seinem Bruder Francesco begleiten. Der Geistliche und Doktor der Philosophie und beider Rechte ist gräflicher Herkunft und weiss sich unter Diplomaten zu bewegen. Dies hat er schon auf dem Friedenskongress in Utrecht bewiesen. Er hätte eigentlich im Kloster Wettingen standesgemässe Unterkunft nehmen sollen, doch das ist dem begabten Netzwerker zu weit vom Geschehen entfernt: Er begnügt sich mit einer Kammer im Badener Pfarrhaus, um nahe am Puls des Kongresses zu sein. Das ist sicherlich auch der Grund, warum die meisten Gesandten in der Stadt und nicht in den Bädern logieren.

13.7.14

Klosterführung in Wettingen und Spiessrutenlauf in der Kronengasse

Graf von Seilern fährt morgens um acht Uhr mit dem kaiserlichen Geheimsekretär Penterriedter zum Kloster Wettingen. Abt Franz Baumgartner (62) und der Pater Prior führen die beiden durch das Kloster, bevor der Konvent zu Ehren der kaiserlichen Gäste ein Hochamt mit Musikbegleitung feiert.

Zurück an der Mittagstafel, die von Seilern im Roten Turm wiederum mit mehreren Gästen teilt, erscheint ein Leutnant im Speisezimmer. Ein Soldat der Garnison habe eine Badener Bürgerstochter mit Schlägen hart traktiert. Wie üblich, müsse der Soldat nun mit einem Spiessrutenlauf bestraft werden. Aber er, der Leutnant, habe Bedenken, dass dies in der Rathausgasse zu viel Aufsehen erregen würde. Von Seilern befiehlt dem Leutnant, die Körperstrafe des Soldaten in der «hinteren Halden», also in der weniger belebten Kronengasse, vorzunehmen.

Das Spiessrutenlaufen ist eine harte militärische Leibstrafe, die bei unehrenhaftem Verhalten verhängt wird. Der Delinquent muss mehrmals durch eine Gasse seiner Kameraden schreiten, bis zum Gürtel entblösst. Diese versetzen ihm mit Haselruten Schläge auf den Rücken.

12.7.14

Die junge Marquise du Luc umschwärmt

Am Nachmittag nach der Konferenz macht von Seilern dem Grafen du Luc und seiner Schwiegertochter einen Besuch. Auch andere Gesandte machen im Bernerhaus ihre Aufwartung. Danach fahren die französischen Damen, unter ihnen auch die frisch verheiratete Marquise du Luc, in zwei Kutschen in die Bäder, Seilern fährt in seinem neuen Wagen hinterher. Unter der Linde lustwandeln sie über eine Stunde lang. Zurück in der Stadt, nimmt die Gesellschaft bei Saint-Contest das Nachtessen ein.

11.7.14

Im Bordell bestohlen

Einem Perückenmacher ist heute in einem Badener Freudenhaus eine grössere Summe gestohlen worden. Die Wirtin und ihre Mädchen haben sich aus dem Staub gemacht, Nachforschungen sind bisher erfolglos geblieben.

Die einschlägigen Absteigen zweifelhaften Rufs befinden sich an der Badhalde, dem steil abfallenden Strassenstück, das in der Fortsetzung der Römerstrasse in die Bäder hinunterführt. Aber es gibt auch mehrere Zelte bei der neuen reformierten Kirche, in denen während des Kongresses Liebesdienste angeboten werden.

10.7.14

Das Hochzeitspaar aus Paris

Bereits um acht Uhr morgens trifft der österreichische Botschafter Trauttmansdorff wiederum in Baden ein. Um neun beginnt die übliche Dienstagskonferenz auf dem Rathaus, du Luc ist wieder wohlauf und nimmt teil.
Das Mittagessen im Roten Turm vereint neben Seilern und Trauttmansdorff den Prince dʼAuvergne, den Prinzen von Sachsen-Saalfeld, den Landgrafen von Hessen-Rheinfels, den Felddoktor Haag (wohl aus dem Hauptquartier der kaiserlichen Armee, das zwischen Stadt und Bädern campiert) und einen fremden Kavalier. Um sechs fährt Seilern den Grafen von Trauttmansdorff in die Bäder hinunter, wo dieser sein Schiff nach Waldshut besteigt.

Nach fünfwöchiger Abwesenheit trifft der Sohn du Lucs, Gaspard-Madelon-Hubert (27), Oberst der französischen Armee, wieder in Baden ein. Am 5. Juni ist er nach Paris gereist, um zu heiraten. Ihm und seiner Frau Marie-Charlotte schickt der Vater eine sechs- und eine vierspännige Kutsche, mehrere Sänften und Reitpferde und zahlreiche Offiziere und Bedienstete entgegen. Abends um acht Uhr zieht das Hochzeitspaar durch das Bruggertor in die Weite Gasse ein.

8.7.14

Würfel suchen ist wie Trüffel suchen

Nach sonntäglichem Mittagsmahl gibt es heute eine besondere Badener Attraktion: Gegen Abend begeben sich die kaiserlichen Gesandten, die französischen Damen und weitere Offiziere und Bedienstete zum sogenannten Würfelplatz. Dieser liegt am nordöstlichen Fuss des Schlosses Stein, «im Gstühl». Hier lässt die noble Gesellschaft durch Knaben die sogenannten Badener Würfel suchen. Ob die Damen und Herren wissen, dass mit ihnen Schindluder getrieben wird?

Jahrzehnte zuvor sollen hier erstmals Würfel aus Knochen gefunden worden sein. Diese haben etwa einen Zentimeter Kantenlänge und sind auf den Seitenflächen mit einem bis sechs Punkten bezeichnet. Man interpretiert sie als Spielwürfel römischer Soldaten, aber es gibt davon bald immer mehr: Sie werden als Belustigung und Sammlerobjekt für die Badegäste hergestellt und vergraben. Und es wird behauptet, sie wüchsen hier.

7.7.14

Bücklinge auf dem Kirchplatz

Graf du Luc ist heute unpässlich, er bleibt der Konferenz fern. Als von Seilern nach der Messe die Pfarrkirche verlässt, treten ihm auf dem Kirchplatz die beiden jungen Grafen von Stühlingen entgegen und stellen sich ehrerbietig vor. Die beiden sind heute Morgen sechsspännig angereist. Von Seilern empfängt sie freundlich und lädt sie gleich zur Mittagstafel ein, samt ihren zwei geistlichen Hofmeistern, die sie auf ihrer Kavalierstour begleiten. Sie werden morgen wieder abreisen.

6.7.14

Die Stadt ist bis unter die Dächer gefüllt

Heute gibt es keine Nachrichten vom Kongress und dem Gesellschaftsleben. Es ist Freitag und kein Konferenztag.

Nachdem in den letzten Tagen laufend weitere Gäste angekommen sind, zuletzt am 4. Juli einige Offiziere und Damen, die zum Gefolge des Herzogs von Montbéliard gehören, ist in der Stadt Baden jetzt wohl jedes Zimmer ausgemietet. Die Einheimischen haben Platz gemacht, Zimmer abgetreten und Nebenräume für Bedienstete hergerichtet. Es dürfte ein gutes Geschäft sein, etwas vermieten zu können. Auch andere Dienstleistungen werden von Badenerinnern und Badenern erbracht: Wer stellt die Dienstleute, wer kocht, wer putzt, wer sorgt für frische Lebensmittel?

5.7.14

Alles in normalen Bahnen

Heute ist wie gewöhnlich Konferenz, und abends vergnügen sich verschiedene Hauptakteure mit einigen Damen unterhalb des Kapuzinerklosters, in der Pfaffechappe.

4.7.14

Der Prinz von Sachsen-Saalfeld inkognito in Baden

Schon vor einigen Tagen ist ein nobler Herr, der sich inkognito hält, im Gasthof zur Waage an der Weiten Gasse abgestiegen, sieben Personen im Gefolge. Erst jetzt wird er erkannt, als er dem Grafen von Goëss eine Visite gibt und vor dem Haus vom Gastgeber laut vernehmlich tituliert wird: Es ist der Sohn des Herzogs von Sachsen-Saalfeld, Prinz Christian Ernst (31). Er nimmt nicht eigentlich am Kongress teil, sondern macht eine Reise nach Zürich und Einsiedeln und wird morgen wieder in Baden zurückerwartet.

3.7.14

Lothringen lädt ein

Nach der Konferenz lädt der lothringische Gesandte die kaiserlichen und französischen Bevollmächtigten zu einem Mittagsmahl ein, um sie für seinen Standpunkt einzunehmen. Joseph le Bègue, Comte de Germiny, wohnt mit seiner Gemahlin in der Stadtkanzlei, also direkt neben dem Rathaus.

2.7.14

Service à la française im kaiserlichen Quartier

Am heutigen konferenzfreien Tag wird wieder mal ausgiebig getafelt. Von Seilern hat alle drei anderen Hauptbevollmächtigten in den Roten Turm eingeladen, dazu andere Gesandte und deren Frauen. Es wird der sogenannte Service à la française zelebriert. Dabei werden in zwei Serien oder Gängen alle Platten und Schüsseln auf den Tisch gestellt, 14 verschiedene Speisen sind es pro Gang. Auf einem zweiten Tisch werden sogar 32 Speisen gleichzeitig aufgestellt und beim zweiten Gang wiederum 32 unterschiedliche Gerichte aufgetragen. Danach wird Konfekt gereicht. Von ein Uhr bis vier Uhr dauert das Mahl, und das ist noch nicht alles: Im Vorzimmer werden daraufhin Kaffee und andere «vornehme Getränke» präsentiert.

1.7.14

Die erste reformierte Predigt im katholischen Baden

Heute ist keine Konferenz gehalten worden. Wie man erfährt, ist der Friedensvertrag schon weit fortgeschritten. Man unterhält sich nur noch über einige umstrittene Artikel, in denen man aber auch bald Einigkeit zu erzielen hofft. Künftig will man nur noch dienstags, donnerstags und samstags konferieren.

Während die katholischen Kaiserlichen demonstrativ ein grosses Mittagessen halten – Graf von Trauttmansdorff ist dafür extra aus Waldshut nach Baden gekommen – spielt sich etwas ab, was für Baden gleichzeitig neu und provokativ ist: In der neuen reformierten Kirche wird die erste Predigt gehalten.
Nach erfolgreicher Belagerung haben 1712 die reformierten Zürcher und Berner den Stolz der Stadt Baden zerstört: die 50 Jahre zuvor mit enormen Kosten ausgebaute Festung Stein und andere Bestandteile der Stadtbefestigung. Aus dem gewonnenen Baumaterial lassen die Reformierten zwischen Stadt und Bädern ein neues Wahrzeichen bauen: eine reformierte Kirche. Neben dem Landvogt und dem reformierten Teil der Kurgäste wohnen bislang keine Reformierten in Baden.
Die Kirche kann nun also während des Kongresses eingeweiht werden. Der ersten Predigt wohnen nicht nur zahlreiche hierfür angereiste Zürcher und Berner und neugläubige Badegäste bei, sondern auch einige protestantische Gesandte, etwa jene von Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt.

Zudem findet heute der Wechsel in der Landvogtei statt: Der Zürcher Johann Rudolf Waser (48) reitet in Baden ein, ohne Pomp und ohne grosses Gefolge, wie es früher üblich war. Er löst den Berner Hieronymus Thormann ab und zieht mit seiner Familie im Landvogteischloss ein.

30.6.14

Keine Lust zum Spazieren

Wiederum treffen sich die vier Hauptbevollmächtigten mit ihren Geheimsekretären um neun Uhr auf dem Rathaus, wonach um elf Uhr die Kaiserlichen in der Stadtkirche der heiligen Messe beiwohnen. Abends um sieben fahren die Damen Saint-Contest und Bergomi sowie der Prince dʼAuvergne in zwei Karrossen in die Bäder. Die kaiserlichen Exzellenzen von Goëss und von Seilern folgen zu Fuss, bleiben aber nur etwa eine halbe Stunde. Kommt beim Spazieren kein echtes Gespräch zustande oder ist schlechtes Wetter?

29.6.14

Der neue Wagen wiederum von den Frauen verschmäht

Heute Freitag ist das Fest der Heiligen Petrus und Paulus und deswegen keine Konferenz. Von Goëss feiert seinen Namenstag und lädt die Hauptbevollmächtigten und den gestern eingetroffenen Abbé Henri-Oswald (43), Prince d’Auvergne, den Dompropst zu Strassburg, zum Mittagessen ein.
Es scheint, als wollten die Damen einfach nicht in von Seilerns neuen Wagen einsteigen: Bei der abendlichen Spazierfahrt sitzen sie – Saint-Contest, Martinville und Bergomi – alle in du Lucs Kutsche, während von Seilern im eigenen, fast leeren Wagen hinterher fährt. Beide Kutschen sind mit je sechs Rappen bespannt.

Wiederum sind zwei Gesandte angekommen: der Botschafter des Bistums Speyer und der schwedische Gesandte. Letzterer ist einer der wenigen Diplomaten, die nicht in der Stadt, sondern in den knapp einen Kilometer entfernten Grossen Bädern logieren: Georg Bernhard Freiherr von Engelbrecht (56) stammt aus dem schwedisch-vorpommerschen Greifswald und nimmt im Hinterhof Quartier.

28.6.14

Von Seilerns neuer Wagen bleibt leer

Neben der üblichen Morgenkonferenz ist heute wenig los. Abends verfügt sich Saint-Contest mit seinem ganzen Hofstaat nach den Grossen Bädern, von Goëss und von Seilern kommen mit ihrem Gefolge nach. Mit du Lucs Wagen, bespannt mit sechs Rappen, lassen sich Madame de Saint-Contest und Madame de Bergomi, die Frau des Botschafters von Modena, ebenfalls in die Bäder hinunterfahren. Von Seilern hat seinen neuen Wagen auch angeboten, aber die Damen haben ihn beim Hinunter- und ebenso beim Hinauffahren einfach stehen lassen.

27.6.14

Neues Terrain zum Spazieren erkundet

Im Anschluss an die übliche Konferenz auf dem Rathaus ist wiederum eine Reihe von Botschaftern deutscher Kleinstaaten bei von Seilern zur Tafel eingeladen. Nachmittags macht der Weihbischof von Basel bei den kaiserlichen Bevollmächtigten seinen diplomatischen Antrittsbesuch.

Abends nach sieben Uhr vergnügen sich die Hauptfiguren des Kongresslebens an einem neuen Ort: auf einer Wiese zwischen dem Kapuzinerkloster und der Limmat, im Gebiet Pfaffechappe. Die vier hohen kaiserlichen und königlichen Bevollmächtigten sind dabei, Madame de Saint-Contest und Madame de Martinville, die beiden kurfürstlichen Gesandten von Köln und Bayern, der lothringische Gesandte und der Gesandte des Deutschen Ordens, der bereits betagte Freiherr von Falckenstein (84).

26.6.14

Der neue Wagen bleibt in der Garage

Nach der Konferenz lädt Saint-Contest die vier Hauptbevollmächtigten zu Tisch. Auf den Abend ist eine Spazierfahrt angesagt. Von Seilern würde zu gern seinen neuen Wagen den französischen Damen vorführen und hat ihn schon anspannen lassen. Doch die Spazierfahrt wird aus unbekannten Gründen abgesagt.

Der Weihbischof und Domdekan des Domstifts Basel trifft als Gesandter in Baden ein. Er nimmt im Pfarrhaus Quartier.

25.6.14

Der Stifter der Nepomuk-Statue auf Kurzvisite

Nach Konferenz und Messe lädt von Seilern heute eine sehr gemischte Gesellschaft zu Tisch: den Gesandten von Hessen-Kassel, einen Jesuit aus Strassburg, den in wenigen Tagen abtretenden Landvogt Hieronymus Thormann und den Badener Schultheissen Kaspar Ludwig Schnorff.

Franz Ehrenreich Graf von Trauttmansdorff (52), der langjährige kaiserliche Botschafter bei der eidgenössischen Tagsatzung, kommt von Waldshut her in Baden an, und zwar auf dem Wasserweg. Bei der Linde hinter dem Hinterhof, wo abends jeweils spaziert wird, legt er an. Von Seilern lässt ihn in einer mit sechs Rappen bespannten Kutsche dort abholen. Von Trauttmansdorff isst bei von Goëss zu Mittag. Gegen Abend fährt er wieder zu Wasser nach Waldshut ab. Trauttmansdorff ist der Stadt Baden sehr verbunden: Er hat ihr 1707 die Sandsteinstatue des Heiligen Nepomuk geschenkt, die bei der hölzernen Brücke aufgestellt ist.

24.6.14

Köstliche Düfte rund um den Cordulaplatz

Am heutigen Sonntag, dem Festtag Johannes des Täufers, ist keine Konferenz. Mittags lädt der französische Bevollmächtigte Saint-Contest zu einem herrlichen Mittagsmahl: 14 Speisen werden in den Kochlokalitäten zubereitet, die rund um das «Paradies», die Residenz des Franzosen, eingerichtet worden sind. Im Festsaal schwelgen die Gesandten von Köln, Bayern, Lothringen und Hessen-Darmstadt neben weiteren Personen aus ihrem Gefolge von eins bis fünf Uhr.
Der Gesandte von Lothringen hat einige Badener als Bedienstete angestellt. Sie dürfen heute erstmals die neue, mit Silberschnüren reichlich besetzte Dieneruniform anziehen.

Ein weiterer Gesandter trifft ein: Graf von Bergomi, Gesandter von Modena. Mit seiner Ehefrau bezieht er das Haus zum Babylonischen Turm an der Rathausgasse, direkt neben dem Roten Turm.

23.6.14

Alles deutet auf einen guten Verlauf hin

Aus dem Fortgang der Konferenz schliesst der Beobachter, dass alles seinen guten Fortgang nimmt. Welche Informationen oder Gerüchte stehen ihm hierzu wohl zur Verfügung?
Wiederum kommt ein Gesandter an: Der Baron von Wansoule, Domherr in Lüttich und Botschafter seines Domstifts nimmt Quartier im «Löwen», an der Ecke von Weiter Gasse und Rathausgasse.

22.6.14

Im Kongresstrott: Konferenz, heilige Messe, dann das leibliche Vergnügen

Alles verläuft in normalen Bahnen: Um neun ist Konferenz auf dem Rathaus, danach nehmen die Kaiserlichen in der Stadtkirche an der Messe teil, wie fast jeden Tag.

Zu Mittag essen bei von Seilern der Gesandte der Kurfürsten von Trier, der Botschafter der Republik Genua und ein ungenannter Jesuit. Auch in den anderen Residenzen werden Gäste zu Tisch gewesen sein.

21.6.14

Der betagte Abt von Einsiedeln zu Besuch

Um neun ist wieder Konferenz auf dem Rathaus. Der Abt von Einsiedeln ist heute zu Besuch. Er macht den kaiserlichen und französischen Botschaftern nacheinander die Visite. Maurus von Roll stammt aus solothurnischem Patriziat und ist der Erbauer der neuen Klosteranlage von Einsiedeln. 1702 hat er seinen Konvent beschliessen lassen, den Bau der gewaltigen Anlage zu wagen. Nun ist sie zu zwei Dritteln fertig. Mit dem Kirchenbau ist allerdings noch nicht begonnen worden.

Von Roll (61) ist zwar gleich alt wie du Luc, aber bei weitaus schlechterer Gesundheit. Es werden seine letzten Lebenswochen sein; am 29. August 1714 wird er das Zeitliche segnen. Graf von Seilern trägt dem hohen Alter seines Gasts Rechnung, indem er den Abt nicht zwei Stiegen hinaufsteigen lässt, sondern ihn bereits oberhalb der ersten empfängt.

20.6.14

Die Post als tagesfüllendes Ereignis

Wiederum ist Mittwoch, und die Konferenz fällt aus, weil die Gesandtschaften ihre Herren per Post informieren müssen. Die Expedition der Post ist ein Ereignis. Der kölnische Geandte, so erfährt man, hat einen Kurier nach Valenciennes abgeschickt. Wie sollen wir das deuten? Und überhaupt: Warum weiss das der Badener Tagebuchschreiber?

19.6.14

Saint-Contest verkatert?

Nicht der Geburtstag feiernde du Luc hat gestern über die Stränge geschlagen, nein, Saint-Contest ist heute unpässlich. Die Konferenz ist deshalb heute abgesagt. Von Goëss und von Seilern nutzen die Zeit, in der Kapuzinerkirche der Messe beizuwohnen. Nachdem die Kaiserlichen immer in der Stadtkirche die Messe besucht haben und die Franzosen bei den Herren Kapuzinern, kann das als Akt der Annäherung verstanden werden.

Nachmittags um drei lassen sich die Damen de Saint-Contest und Martinville zu ihrer Exzellenz von Goëss und danach zu von Seilern tragen, denen sie eine Visite geben.